Die Frauen des Club an der Alster siegen wie schon vor zwei Jahren gegen den den Düsseldorfer HC im Hallenhockey-Finale in Stuttgart. Mit Spielerinnen, deren Namen sich die Hockey-Fans merken sollten.

Stuttgart - Christopher Rühr, Martin Häner, Anne Schröder, Celine Oruz oder Franzisca Hauke – wer bei der Hallen-Endrunde um die deutsche Hockeymeisterschaft in der Stuttgarter Scharrena nach den Stars und Sternchen der deutschen Szene Ausschau hielt, wurde enttäuscht. Nicht, weil sich die Topteams von Rot-Weiss Köln, dem Club an der Alster oder dem Harvestehuder THC nicht für die Endrunde am vergangenen Wochenende qualifiziert hatten, sondern weil sich die bei Fans und Spielern beliebte Hockeyvariante in der Halle – gerade im Olympiajahr – hinter den beiden Feldnationalmannschaften anstellen muss.

 

Hallen-Endrunde steht im Schatten von Olympia

Kaum eine andere Mannschaftssportart hat ihren Fokus derart auf das Abschneiden im Schatten der Ringe gelegt. Zu wichtig sind dem Deutschen Hockey-Bund die Fördergelder, die zu einem Großteil aus den Erfolgen bei Olympia resultieren. Während also die Frauennationalmannschaft um Schröder, Oruz und Hauke noch auf einem Lehrgang in Südafrika weilte, setzte sich in der ausverkauften Stuttgarter Scharrena der Club an der Alster die Hockeykrone in der Halle auf.

Trotz zahlreicher personeller Wechsel bei allen Teams, allein der Club an der Alster spielte ohne sechs A-Nationalspielerinnen, gab es zumindest im Frauenbereich eine Konstante: Bereits zum dritten Mal in Folge standen sich Alster und der Düsseldorfer HC im Hallen-Endspiel gegenüber. Wie bereits vor zwei Jahren an gleicher Stelle gewannen die Hamburgerinnen, obwohl beim Vorjahresmeister aus Düsseldorf zumindest ein Hauch von Olympia wehte: Im Tor stand die 35-jährige Kristina Reynolds, die 2016 in Rio de Janeiro die Bronzemedaille mit den deutschen Frauen gewonnen hatte.

Emily Kerner leitet die Wende ein

Der Club an der Alster war im Endspiel lange chancenlos. Erst Emily Kerner, die Tochter von Olympia-Silbermedaillengewinnerin Britta Becker und Fernsehmoderator Johannes B. Kerner, brachte die Hamburger kurz vor der Pause dank eines Strafeckentreffers zum 1:2 zurück ins Spiel. Bis dato hatte der Defensiv starke DHC das Geschehen weitestgehend im Griff.

Unterstützend kam hinzu, dass der normalerweise im Handball eingesetzte Boden in der Scharrena nicht gerade für schnelles Direktpassspiel geeignet schien. „Es gibt definitiv bessere Böden“, sagte Nico Sussenburger, Trainer des DHC. Insbesondere für die im Rückstand liegende Mannschaft war es schwierig, das nötige Tempo im Passspiel aufzunehmen. Nachdem Alster das Spiel zu Beginn des zweiten Durchgangs gedreht hatte, fand der DHC nicht mehr in die Spur. Trotzdem wollte Sussenburger die Niederlage aber „auf keinen Fall“ an dem schwer zu spielenden Boden festmachen.

Der Club an der Alster, nun amtierender Meister auf dem Feld und in der Halle, darf nicht erst dank des gestrigen Sieges frohen Mutes in die Zukunft schauen. Schließlich sind die in Stuttgart fehlenden Nationalspielerinnen wie Anne Schröder (25) oder Hannah Gablac (24) noch im besten Hockeyalter. Zudem rücken in Emily Kerner (21), Emily Wolbers (22) oder Carlotta Sippel (18) gleich mehrere Spielerinnen nach, die eines Tages sowohl im Club als auch im Nationalteam in die Fußstapfen der Bronzemedaillengewinnerinnen von Rio schlüpfen sollen. „Der Titel bedeutet noch viel mehr als der vor zwei Jahren“, sagte Alster-Coach Jens George. „Hier in Stuttgart mussten Spielerinnen Verantwortung übernehmen, die normalerweise nur in der zweiten Reihe stehen.“

Abteilung „Jugend forscht“ überzeugt

Hier durfte sich neben Abwehrchefin Kerner insbesondere Wolbers angesprochen fühlen, die im Endspiel gleich zwei Treffer zum 4:2-Sieg beisteuerte. „Wir sind ein absolut verschworener Haufen“, glaubt die 22-Jährige das Erfolgsrezept der Hamburgerinnen zu kennen. Während die jungen Spielerinnen gerade auf dem Feld häufig zum Zuschauen verdammt sind, übernahmen sie in der Halle und insbesondere bei der Endrunde in Stuttgart Verantwortung. „Unsere zweite Reihe war heute einfach griffiger als die des DHC“, lobte Mahn seine Abteilung „Jugend forscht“.

Der Alster-Coach hofft, dass seine jungen Spielerinnen das Selbstvertrauen aus dem Stuttgart-Triumph in die Feldrunde mitnehmen, um den etablierten Kräften noch mehr Druck zu machen und insgesamt das Niveau der Mannschaft weiter anheben.

Heimreise im Auto

Am Sonntag war aber zunächst Feiern angesagt. Sturmtief Sabine führte zur Absage der Heimflüge nach Hamburg, der Club besorgte Autos für die Heimreise. „So haben wir schon mehr Zeit, unterwegs zu feiern“, grinste Wolbers.

Unbedarft und stets positiv – so könnte man den Auftritt der Alster-Frauen in Stuttgart auf und neben dem Platz zusammenfassen. Und wer weiß, vielleicht sind Kerner, Wolbers und Sippel in ein paar Jahren die Spielerinnen, die man wegen Nationalmannschaftsverpflichtungen vergeblich bei der Hallen-Endrunde sucht.