Das drohende Aus für die Handballer des HSV Hamburg hat Folgen: der Nationaltowart Johannes Bitter steht plötzlich ohne Verein da, der HBW Balingen-Weilstetten verbleibt dadurch in der Bundesliga.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Es war nicht der Tag des Johannes Bitter. Unmittelbar vor der Generalprobe der deutschen Handballer am Dienstag in Wetzlar gegen Norwegen (30:32) erhielt der Torhüter die Hiobsbotschaft, dass seinem Verein HSV Hamburg auch im zweiten Anlauf die Lizenz verweigert wurde. Das wäre gleichbedeutend mit dem Bundesliga-Aus (und dem Klassenverbleib des HBW Balingen), falls nicht noch ein Wunder vor dem HBL-Schiedsgericht geschieht. „Natürlich kann man die Situation nicht ausblenden“, hat der 31-Jährige schon im Trainingslager im Schwarzwald zugegeben, aber verbunden mit der Hoffnung: „Die Signale sind positiv.“

 

Das hat die Lizenzierungskommission anders gesehen, jedenfalls hat Bitter nun einen Vertrag bis 2015, aber wohl keinen Verein mehr. „Ich bin immer davon ausgegangen, meine Karriere beim HSV zu beenden“, sagt Bitter. Auch der Familie zuliebe, derentwegen er im März 2011 seine Karriere im Nationalteam beendet hatte. Bis ihn der Bundestrainer Martin Heuberger um ein Comeback bat. „Wenn man die Chance hat, einen Jogi Bitter zu bekommen, sollte man sie nutzen“, sagte Heuberger.

Doch am Dienstagabend beim letzten Test vor dem WM-Qualifikationsspiel am Samstag in Polen war Bitter alles andere als der große Rückhalt. Er begann das Spiel – und beendete es auch, stand also just in den Phasen zwischen den Pfosten, als die Skandinavier jeweils die Weichen für den Sieg stellten, auch weil Bitter praktisch so gut wie keinen Ball zu fassen bekam. Heuberger zeigte Verständnis: „Bei Jogi hat die Nachricht einen kleinen Schock ausgelöst. Immerhin geht es um seinen Arbeitsplatz, das hat ihn ein Stück weit belastet.“

Hamburgs Spieler verzichten aufs April-Gehalt

Umso mehr, als die Hamburger Mannschaft ihren Teil zum Gelingen der Rettungsaktion beisteuern wollte – und auf die April-Gehälter verzichtet hatte. „Das war unser Beitrag zur Lizenzerteilung.“ Der aber nicht gereicht hat. Weshalb Bitter nun sagt: „Das ist eine Existenz bedrohende Situation.“ Auch für ihn, mehr noch aber für andere Profis wie die Ex-Nationalspieler Pascal Hens und Torsten Jansen. Denn wie sagt der TV-Experte Stefan Kretzschmar? „Jogi ist diesbezüglich in einer exponierten Stellung.“ Soll heißen: andere Clubs reißen sich um den Keeper, der Meister THW Kiel soll ein Auge auf ihn geworfen haben, nachdem schon länger feststeht, dass Hamburgs Domagoj Duvnjak die Fronten wechselt und wohl auch der Spanier Joan Canellas. „Es ist in so einer Situation legitim, dass man sich umhört“, sagt Bitter.

Die Zukunft in der Liga ist also bis auf weiteres ungeklärt, die im Nationalteam nicht. „Es war von vorneherein klar, dass sich das Comeback nur auf die WM-Qualifikation beschränkt“, betont Bitter, auch mit Rücksicht auf seine Familie und die drei Kinder. Den ersten Geburtstag des Kleinsten hat er in der Vorbereitung schon verpasst, schweren Herzens.

Jetzt will er aber nicht auch noch die für den deutschen Handball fast so existenzielle WM-Qualifikation verpassen. Ob er überhaupt spielt? „Jeder weiß, dass ich nicht zum Spaß hier bin“, sagt der blonde Hüne, „aber ich kann auch von der Bank aus helfen.“

Nach dem Wetzlar-Spiel ist selbst diese Rolle nicht mehr sicher. Wenn man davon ausgeht, dass Berlins Silvio Heinevetter gesetzt ist, kämpft Bitter als Nummer zwei direkt gegen Carsten Lichtlein (Lemgo), der gegen Norwegen einen hervorragenden Eindruck hinterlassen hat. „Am Ende wird es vielleicht eine Bauchentscheidung“, sagt der Bundestrainer, der am Donnerstag 50 wird, zu Torwartfrage. Hauptsache eine Entscheidung, die ohne Bauchschmerzen endet.