Trainer und Funktionäre aus dem Altkreis Leonberg stimmen sich auf die Europameisterschaft so langsam ein.

Leonberg - Gute Zeiten für Handball-Fans. Am heutigen Donnerstag beginnt die Europameisterschaft der Herren. Die Gruppenspiele finden in Österreich (Graz, Wien), Norwegen (Trondheim) und Schweden (Malmö, Göteborg) statt. Die deutsche Nationalmannschaft tritt in Gruppe C in Trondheim gegen Spanien, Lettland und die Niederlande an. Wie die deutschen Handball-Männer einzuschätzen sind, das vermag keiner genau sagen zu können. Mit Fabian Wiede, Tim Suton, Simon Ernst, Martin Strobel, Steffen Weinhold und Franz Semper sind es sechs Rückraumspieler, auf die das DHB-Team krankheits- oder verletzungsbedingt beim Turnier verzichten muss. Ein gelernter Spielmacher ist nicht dabei, Chef-Coach Christian Prokop schickt „Alternativen“ auf diese Position.

 

Das erste Spiel bestreitet die deutsche Nationalmannschaft heute Abend um 18.15 Uhr gegen die Niederlande. Die zweite Herausforderung folgt am Samstag um 18.15 Uhr gegen den amtierenden Europameister Spanien. Dieser Termin wird nicht alle aktiven Handballer freuen, die am Wochenende ihr erstes Liga-spiel nach der kurzen Winterpause bestreiten.

Die eigene Mannschaft geht vor

Nicki van der Vliet trainiert die Landesliga-Frauen des SV Leonberg/Eltingen. Sein Vater ist Niederländer, er selbst ist in Leonberg geboren und aufgewachsen. „Die Europameisterschaft hat für mich keine Priorität, meine Mannschaft geht vor“, sagt van der Vliet. Sollte er heute Zeit finden, die Partie zwischen Deutschland und den Niederlanden anzuschauen, wird er den Deutschen die Daumen drücken. „Holland ist keine Handball-Nation, da ist es mir relativ egal, wie sie spielen“, sagt der Rutesheimer. Anders verhalte es sich da beim Fußball, wenn beide Nationen aufeinandertreffen. „Obwohl ich kein Fußball-Fan bin, bin ich da auf der Seite der Niederländer“, sagt Nicki van der Vliet.

Stefan Hirschmann von der HSG Strohgäu, Trainer der Handball-Frauen in der Baden-Württemberg Oberliga, schaut sich gerne die großen internationalen Turniere an. Die Männer fast noch lieber als die Frauen. „Die Spiele der Männer sind athletischer, dafür spielen die Frauen einen technisch tollen Handball.“ Was die EM betrifft, versucht die HSG Strohgäu, auf den Spielplan Rücksicht zu nehmen. „Manchmal trifft man sich auch, um gemeinsam zu schauen, und es wäre schön, wenn es die deutsche Mannschaft bis ins Halbfinale schafft“, sagt Hirschmann. Unter den ersten drei sieht er das DHB-Team aber nicht. „Nach den positiven Testspielen sind schon wieder alle euphorisch, da wäre ich aber allein schon wegen der vielen Ausfälle in der Mannschaft vorsichtig.“

Glück bei der Auslosung

Für Bernhard Bauer, den ehemaligen Präsidenten des Deutschen Handballbundes, der in Warmbronn zu Hause ist, wäre ein Abschneiden der Nationalmannschaft schlechter als Platz sechs eine große Enttäuschung. „Trotz der vielen Ausfälle ist das Team nicht schlechter, ein Fabian Wiede fehlt der Mannschaft, alle anderen kann man ersetzen“, sagt Bauer, einst Bundesliga-Torhüter von Frisch Auf Göppingen. Mit der Auslosung habe Deutschland Glück gehabt. „Grundsätzlich sollte man alle Gegner ernst nehmen, Lettland und die Niederlande sind machbar, Spanien ist ein anderes Kaliber, das wird ein offenes Spiel und die Tagesform entscheidet. Ich habe keine Sorge, Deutschland wird die Hauptrunde erreichen.“ Bernhard Bauer wird die Spiele zu Hause vor dem Fernseher verfolgen. „Als alter Handballer ist das für mich Pflicht, zumal ich die meisten Spieler kenne. Da werde ich dann je nach Spielverlauf sehr emotional, deshalb schaue ich auch am liebsten alleine.“ Das gute Abschneiden in der Vorbereitung sei noch kein Maßstab, wo das deutsche Team derzeit stehe. „Testspiele haben ihren eigenen Charakter, da ist ein Sieg zwar wichtig, doch es gilt in erster Linie, die Abläufe einzustudieren.“

Dem Handball ist er nach wie vor – nicht nur passiv vor dem Fernseher – verbunden. Er ist Vorsitzender des Vereins Freunde und Förderer des Handballs in Württemberg, Ehrenpräsident des Handballverbandes Württemberg und steht den Zweitliga-Männern der SG BBM Bietigheim als Beiratsmitglied zur Seite. „Wenn mein Rat gefragt ist, bin ich da.“

Jörg Kaaden, Trainer der Ditzinger Landesliga-Herren, ist noch nicht richtig in EM-Stimmung. „Bei zwei kleinen Kindern, einem Job und meiner Trainer-Tätigkeit in Ditzingen habe ich nicht mehr so viel Zeit wie früher“, sagt er. Wenn das Auftaktspiel der Deutschen gegen die Niederlande angepfiffen wird, ist er mit seiner Tochter beim Sport unterwegs. „Da kann ich das ganze allenfalls im Liveticker verfolgen. Ich denke, je weiter die Mannschaft kommt, desto größer wird der Drang, die Spiele zu schauen.“