Domagoj Duvnjak hat Kroatien in einem epischen Handball-Krimi gegen Norwegen ins Finale geführt, nun will der Kieler für seine stolze Nation das erste EM-Gold holen.

Stockholm - Domagoj Duvnjak wirkte wie in Trance. Überglücklich, stolz, aber vor allem völlig erschöpft vom epischen Halbfinal-Krimi gegen Norwegen (29:28) schleppte sich der kroatische Kapitän durch die Katakomben des Fußballstadions in Stockholm. „Wahnsinn. Das war das schwerste Spiel in meinem Leben“, sagte Duvnjak und schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf.

 

Nein, so etwas wie es sich in der Stockholmer „Tele 2-Arena“ ereignete, hatte der schlachtenerprobte Kieler, der mehrfache deutsche Meister, der Champions-League-Sieger und Welthandballer, noch nicht erlebt. Zwei Mal Verlängerung, 80 Minuten Hochspannung - und am Ende stand für den überragenden Spielmacher Duvnjak und seine stolzen Kroaten der erste Finaleinzug nach zuvor sechs verlorenen Halbfinalspielen in Serie.

Titelverteidiger Spanien wartet im Finale

„Wir haben noch nie bei einer EM gewonnen, das wäre schön. Das wäre geil für die ganze Nation“, sagte Duvnjak mit Blick auf das Finale am Sonntag (16.30 Uhr). Er weiß, dass es im Duell mit Titelverteidiger Spanien wieder vor allem auf einen ankommen wird: auf ihn.

„Er ist unglaublich. Er ist ein Topspieler mit einem großen Herzen. Das ist unser Dule, unser Held, unser Leader“, sagte Zeljko Musa. Statt sich auch nur eine Minute mit seiner eigenen Heldentat aufzuhalten - immerhin war es Musa, der fünf Sekunden vor dem Ende der zweiten Verlängerung mit seinem ersten Torwurf im gesamten Turnier den Siegtreffer markiert hatte - schwärmte der Kreisläufer lieber von seinem Kapitän: „Ich weiß nicht, woher Dule diese Kraft nimmt. Alles, was wir brauchen, bekommen wir von ihm.“

Während die vielen kroatischen Fans ihrem Volkshelden in den Straßen der schwedischen Metropole bis tief in die Nacht mit Sprechchören huldigten, konnte sich Duvnjak vor Gratulanten nicht retten. Die Spieler priesen ihren Anführer, die Funktionäre küssten ihn in ihrem Überschwang. „Er ist ein Tier. Ich habe keine Ahnung, was dieser Junge in seinem Kopf hat“, sagte Co-Trainer Igor Vori und klopfte sich dabei abwechselnd auf die Schläfe und das Herz: „Dule ist unglaublich, spielt so intelligent und mit Kopf.“

Duvnjak ist seit Jahren Herz und Kopf der kroatischen Mannschaft. Gegen Norwegen bestach er in der Defensive, vorne glänzte er abwechselnd als Anspieler und Torschütze. Mit dem Schlusspfiff sank Duvnjak zu Boden.

„Lieber Gott, ich danke Dir“

„Ich bin einfach nur gefallen und habe gedacht: ‚Lieber Gott, ich danke Dir’. Ich kann es nicht beschreiben“, sagte der 31-Jährige über die wilden Szenen nach dem Ende, als seine Teamkollegen begleitet vom Gejohle ihrer heißblütigen Fans über ihren Anführer herfielen.

Die Titel-Sehnsucht im kleinen Balkanland ist riesig. Die Kroaten waren zwei Mal Olympiasieger (1996 und 2004), ein Mal Weltmeister (2003), und auch bei den letzten 18 Großturnieren landeten sie stets unter den besten sechs Teams - der Sprung nach ganz oben gelang seit dem Olympia-Gold von Athen vor 16 Jahren allerdings nie.

Damit sich das ändert, sollen im Endspiel neben Duvnjak wieder die vielen Zuschauer in der Arena zum großen Trumpf werden. „Unsere Fans sind verrückt. Sie sind einfach der Wahnsinn“, sagte Duvnjak: „Sie sind Wind in unserem Rücken.“ Mit dieser Brise von hinten und einem Duvnjak in Topform könnte am Sonntag Historisches gelingen.