Alfred Gislason nominiert den Kader für seine Premiere als Handball-Bundestrainer mit Johannes Bitter vom TVB Stuttgart sowie den Göppingern Marcel Schiller und Sebastian Heymann – begleitet von Corona-Sorgen und Abstellungsdiskussionen.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Vor der für Januar 2021 in Ägypten geplanten Handball-WM stehen als Vorbereitungsspiele nur Qualifikationspartien zur Euro 2022 auf dem Programm. Los geht es am 5. November (16.15 Uhr) in Düsseldorf gegen Bosnien-Herzegowina und am 8. November (15.15 Uhr) in Tallinn gegen Estland. Der 21-Mann-Kader des neuen Bundestrainers steht, aber viele Unsicherheiten bleiben.

 

Corona-Sorgen Alfred Gislason legte bei dem digitalen Medientermin erst die Stirn in Falten, dann spannte er den Rücken durch und sagte im Brustton der Überzeugung: „Ich bin Berufsoptimist und gehe fest davon aus, dass ich alle Spieler an Bord habe, die zu dem Zeitpunkt gesund sind.“ Hoffnung schwang in der Stimme des neuen Bundestrainers mit, aber auch eine Art Appell an die Vereine: Eine Freigabeverweigerung der Clubs, die sich angesichts der steigenden Corona-Zahlen besorgt über die Gesundheit ihrer Nationalspieler austauschen, soll unbedingt vermieden werden. „Wir versuchen, für unsere Mannschaft und die unserer Gegner den höchsten Schutz zu bieten“, versprach Mark Schober, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Handballbunds (DHB), und äußerte dabei auch viel Verständnis für die Sorgen der Bundesligisten. Es sei wichtig, die Risiken seitens der Nationalverbände durch Hygienekonzepte und Testungen zu minimieren. Zudem hofft der Handball auf eine neue Muster-Quarantäneverordnung des Bundes, die eine Ausnahme für Berufssportler vorsieht. Diese muss in den Bundesländern aber noch einzeln ratifiziert werden. „Es bleibt uns nur die Chance, dass jeder Bundesligist mit den Nationalverbänden, denen er Spieler abstellt, kommuniziert, und wir dann für jeden Nationalspieler Lösungen finden“, sagte Schober. Helfen soll dabei auch ein vom Europäischen Handballverband (EHF) vorgeschlagenes umfangreicheres Testkonzept. An diesem Mittwoch will die HBL bei einer Konferenz darüber entscheiden, unter welchen Bedingungen Spieler abgestellt werden. Jürgen Schweikardt, der Geschäftsführer und Trainer des TVB Stuttgart, hält wenig von einem Konfrontationskurs der Bundesligisten: „Wir wissen alle um die Bedeutung der Nationalmannschaft und sind auch bereit, die Spieler abzustellen“, sagte er, forderte aber auch einheitliche Regelungen: „Wir haben nicht nur deutsche, sondern auch Schweizer, mazedonische und isländische Nationalspieler.“ Und nach den EM-Qualifikationsspielen geht bereits am 11. November die Bundesliga-Terminhatz weiter – für den TVB beim HC Erlangen.

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Kader Alfred Gislason baut auf die zurückkehrenden 2016-Europameister Christian Dissinger und Abwehrhüne Finn Lemke sowie den 20-jährigen Juri Knorr, der die chronischen Probleme auf Rückraum-Mitte lösen soll. Linkshänder Fabian Wiede habe nach langer Verletzungspause noch um Schonung gebeten, sein Berliner Vereinskollege Paul Drux sei laut Gislason „erst langsam im Kommen“. Von den bisherigen Stammkräften fehlen außerdem die verletzten Kreisläufer Johannes Golla und Jannik Kohlbacher.

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Württemberger An der Nominierung von Torwart-Routinier Johannes Bitter bestand kein Zweifel. Sein TVB-Teamkollege Patrick Zieker verlor das Rennen gegen Linksaußen Marcel Schiller von Frisch Auf Göppingen, was Gislason als „schwierige Entscheidung“ bezeichnete. Schillers gute Trefferquote in schwierigen Situationen habe den Ausschlag gegeben. Aufgrund seiner langen Verletzungspause überraschte es etwas, dass der Isländer jetzt schon auf Sebastian Heymann setzt. „Er ist eines der größten Talente, ein sehr kompletter Spieler, der nicht nur im Rückraum seine Qualitäten hat, sondern auch im Innenblock“, sagte der Bundestrainer über den 22-jährigen Mann der Zukunft. Im erweiterten Kader stehen aus Württemberg neben Zieker noch Linksaußen Tim Nothdurft und Spielmacher Lukas Saueressig (beide HBW Balingen-Weilstetten).

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WM 2021 „Wir versuchen mutig, flexibel und verantwortungsvoll zu handeln“, betonte Schober mit Blick auf die vom 14. bis 31. Januar geplante WM in Ägypten. „Für den deutschen Handball in Summe ist es wichtig, dass die WM stattfindet“, sagte der gebürtige Bietigheimer. So werden etwa die Hauptrundenspiele zur Primetime in ARD und ZDF übertragen. Schober lehnt aber auch den Blick in die Glaskugel ab: „Keiner weiß doch, was nächste Woche oder nächsten Monat ist.“ Unmittelbar vor der WM 2021 finden keine Testspiele, sondern weitere EM-Qualifikationsspiele statt: Am 6./7. und 9./10. Januar 2021 geht es gegen Nachbar Österreich. Das Olympia-Qualifikationsturnier ist für 12. bis 14. März 2021 in Berlin vorgesehen.