Es ging holprig los. Nach den jüngsten Erfolgen will das deutsche Team um den Kapitän Oliver Roggisch bei der Handball-WM in Spanien aber mehr als nur das Achtelfinale.

Granollers - Immer noch hat Martin Heuberger seine Hände geknetet. Ein Zeichen dafür, unter welch großem Druck der Handball-Bundestrainer bei der WM in Spanien steht. Aber der 48-Jährige versicherte am Donnerstag im Nobelhotel Ciutat de Granollers, der 29:21-Sieg vom Mittwoch gegen Montenegro habe den Puls deutlich beruhigt. „Nachdem jetzt das Minimalziel Achtelfinale erreicht ist, ist bei mir der Adrenalinspiegel gefallen“, sagte Heuberger und lächelte. „Ich habe auch besser geschlafen.“

 

Frankreich gilt als Übermacht

Das letzte Vorrundenspiel am Freitag (18.15 Uhr/ARD) gegen den Olympiasieger Frankreich, mahnt der Bundestrainer, dürfe man nun nicht überbewerten. „Frankreich ist die Übermacht im Handball“, sagte er. In der Tat hat das Team von Claude Onesta alles abgeräumt seit einem Jahrzehnt: zwei WM-Titel, zwei EM-Titel, zwei Olympiasiege, der letzte Sieg einer deutschen Mannschaft datiert von Januar 2007, dem WM-Halbfinale in Köln. „Das ist nicht unsere Kragenweite“, sagte Heuberger. „Es ist vor allem für die jungen Spieler eine große Ehre, gegen so ein Team anzutreten.“

Die Abwehr genügt erstmals höchsten Ansprüchen

Dennoch wollen sie die beiden Punkte nicht verschenken. Zumal damit der Sieg in der Vorrundengruppe A und damit mutmaßlich ein leichteres Tableau für die K.-o.-Runde verbunden wäre. Körperlich, das weiß der Coach, ist sein Team unterlegen. „Wir suchen unsere Chance deshalb im Handballerischen“, sagte Heuberger. Sollte die DHB-Auswahl aber verlieren, trifft sie im Achtelfinale am Sonntag auf Russland, Island oder Mazedonien.

Die Zuversicht ist indes zurückgekehrt in das Team um Kapitän Oliver Roggisch. „Jetzt fängt das Turnier doch erst richtig an“, zeigte sich der 34-Jährige kampfeslustig. „Mein Ziel war nie nur das Achtelfinale.“ Das Selbstbewusstsein speist sich aus der Tatsache, dass der Mittelblock, den Roggisch mit dem überragenden Spielmacher Michael Haaß gegen Montenegro gestellt hatte, erstmals bei diesem Turnier höchsten Ansprüchen genügte.

Die Partie gegen Montenegro lässt sich als taktische Blaupause betrachten, wie die unerfahrene deutsche Mannschaft dieses Weltchampionat erfolgreich bestreiten kann. Denn auf Basis der 6:0-Betonabwehr gelangen dem Team zahlreiche Treffer durch Schnellangriffe über die Flügel. „Wenn wir diesen Standard in der Abwehr halten können, dann haben wir in jedem Spiel eine gute Chance“, sagte Heuberger.

Unruhe bei den Franzosen wegen Nikola Karabatic

Dass die deutsche Defensive sich nach den großen Problemen zu Beginn des Turniers zu finden scheint, das ist für Experten wie Christian Schwarzer ein normaler Prozess. „Das war doch früher auch so, dass man sich in der Abwehr erst aneinander gewöhnen muss“, sagte der Weltmeister von 2007. „Hinzu kommt, dass hier viele Spieler dabei sind, die eben noch nicht 100 Länderspiele nebeneinander stehen.“

Beim Gegner herrscht Unruhe

So wie die Franzosen, in deren Team aber auch enorme Unruhe herrscht. Großes Thema ist die Zukunft von Nikola Karabatic, dem Superstar im Rückraum der Équipe tricolore, gegen den französische Staatsanwälte seit Herbst wegen des Verdachts der Spielmanipulation ermitteln; Karabatic’ Freundin hatte gestanden, auf ein verlorenes Spiel seines Clubs HB Montpellier gewettet zu haben. Am 29. Januar, zwei Tage nach dem WM-Finale, muss er vor den Richter. Und auch der Flügelspieler Samuel Honrubia muss sich noch vor dem Kadi verantworten.

Dem französischen TV-Kanal Canal plus zufolge sei sogar eine Rückkehr des Halblinken zum THW Kiel möglich, den Karabatic im Sommer 2009 unter großem Getöse verließ. Das streute Bhakti Ong, der clevere Manager des Franzosen, um womöglich bei anderen Vereinen wie Veszprem oder dem FC Barcelona den Preis in die Höhe zu treiben. Denn das Dementi der Kieler Verantwortlichen könnte nicht deutlicher ausfallen. Der THW-Coach Alfred Gislason sagte: „Absoluter Blödsinn.“