Djibril M’Bengue ist der Senkrechtstarter des TVB Stuttgart, bei dem er über den härtesten Wurf verfügt. An diesem Freitag empfängt er mit dem Handball-Bundesligisten den ThSV Eisenach in der erneut ausverkauften Scharrena.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Er ist der Mister Kraftraum beim Handball-Bundesligisten TVB Stuttgart. Der Oberkörper von Djibril M’Bengue war schon in seiner Anfangszeit bei dem Club so imposant, dass er zwischenzeitlich sogar Krafttrainingsverbot erhielt, um nicht zu unbeweglich zu werden. Er bekam bei den Fitnesseinheiten des damaligen Zweitligisten stattdessen Aufgaben zur Verbesserung seiner Sensomotorik aufgebrummt, der Assistenz- und Athletiktrainer Karsten Schäfer arbeitete intensiv mit ihm. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Hölzernheit in seinem Bewegungsablauf hat der Linkshänder abgelegt und hilft dem Aufsteiger jetzt sogar in der ersten Liga im rechten Rückraum weiter.

 

Nach dem 25:24-Auswärtscoup beim Tabellendrittletzten HBW Balingen-Weilstetten treffen die Stuttgarter an diesem Freitag (19.45 Uhr) in der erneut ausverkauften Scharrena auf den Tabellenvorletzten ThSV Eisenach. Es ist zum Rückrundenauftakt der nächste direkte Konkurrent im Rennen um den Klassenverbleib. Drei Teams steigen ab, der TVB ist zur Saisonhalbzeit Fünftletzter. „Wir haben in Balingen gezeigt, dass wir den Abstiegskampf annehmen und in die erste Liga gehören – das wollen wir fortsetzen“, sagt Djibril M’Bengue.

Der muskelbepackte 23-Jährige ist der Senkrechtstarter des TVB Stuttgart. Er ist 1,96 Meter groß, bringt ein Kampfgewicht von eisernen 103 Kilogramm auf die Waage und verfügt über den härtesten Wurf im Team. Die Gewichte, mit denen andere Spieler sich im Kraftraum stählen, genügen ihm allenfalls zum Warmmachen: „So wie manche gerne joggen, um den Kopf frei zu kriegen, so gehe ich gerne ins Fitnessstudio – das fällt mir leicht, das ist keine richtige Arbeit für mich.“ Mit 55 Saisontreffern zählt er zu den 50 besten Werfern in der Bundesliga. „Seine absolute Stärke ist seine Wucht und Athletik“, sagt der TVB-Geschäftsführer Jürgen Schweikardt.

Afrikanischer Name, schwäbisches Gemüt

Es ist Urgewalt aus Urbach. Djibril M’Bengue stammt aus der Gemeinde im Remstal und wohnt dort bis heute mit seiner Mutter, einer Deutschen. So afrikanisch sein Name auch klingt, so viel mehr Schwabe ist er doch. Das verrät nicht zuletzt sein Zungenschlag und liegt auch daran, dass sein Vater schon vor vielen Jahren in den Senegal heimgekehrt ist. „Es war ein behütetes Aufwachsen in Urbach. Klar eckt man immer wieder mal wegen der Hautfarbe an – es ist besonders da gefährlich, wo Alkohol im Spiel ist wie beim Fußball oder auf dem Volksfest“, sagt Djibril M’Bengue.

In Urbach fing er einst als Pummelchen mit Handball an, im zweiten A-Jugend-Jahr wechselte er zum TSB Schwäbisch Gmünd. Von dem Fünftligisten kam er 2012 zum TVB in die zweite Liga. Der Sprung war gewaltig. Er hat ihn gemeistert. „Wir haben schon immer das Potenzial in Djibi gesehen und deshalb in seine Ausbildung investiert“, sagt Jürgen Schweikardt.

Djibril M’Bengue ist einer der wenigen Spieler in der ersten Liga, die nie in eine Auswahl berufen wurden – noch nicht einmal in die Bezirksauswahl. Er wandelt damit auf den Spuren seines Mitspielers Dominik Weiß, der einst aus der sechsten Liga zum TVB stieß. Nach einer ersten Schnupperzeit setzte Djibril M’Bengue schon in der vergangenen Runde immer wieder Akzente. Durch den längerfristigen Ausfall von Lars Friedrich, dem anderen Linkshänder für den rechten Rückraum im Kader des TVB Stuttgart, ist er zurzeit gesetzt – und trumpft auf.

Sein Wurf ist eine Waffe

„Es ging in den letzten Jahren unglaublich schnell voran. Ich muss mich in vielen Bereichen noch entwickeln, ich habe überall noch Schwächen“, sagt Djibril M’Bengue. „Mein größtes Ziel ist aber der Klassenverbleib mit dem TVB Stuttgart.“ Darauf konzentriert er sich und betreibt sein Studium der Wirtschaftswissenschaften in Hohenheim augenblicklich nur „sehr, sehr passiv“.

Besonders gegen defensivere Abwehrreihen ist der wurfgewaltige Linkshänder ungemein wichtig geworden für das Stuttgarter Spiel. „Er hat immer mehr gelernt, seinen Körper einzusetzen. Am Anfang war er noch einfach zu verteidigen, weil er Anlauf gebraucht hat. Mittlerweile ist er variabler und sein Wurf eine Waffe“, sagt der TVB-Abwehrchef Florian Schöbinger. Die Gegner zeigen immer mehr Respekt vor Djibril M’Bengue. Er zieht Aufmerksamkeit auf sich und schafft so Räume für Mitspieler, die er dann mit einem Pass bedienen kann. Theoretisch zumindest. „Das nutzt er noch nicht optimal aus. Wenn er das noch lernt, weiß ich nicht, wo das noch hingehen soll“, sagt Florian Schöbinger.

Gegen den Meister THW Kiel (26:35) lieferte Djibril M’Bengue, dessen Vertrag nach der Saison ausläuft, unlängst eine Gala mit neun Toren ab. „Wenn mir das einer vor Jahren gesagt hätte, hätte ich ihn für verrückt erklärt“, sagt er. „Aber auch da waren Fehler dabei, die du in der ersten Liga nicht machen darfst. Deshalb bewerte ich das nicht über.“ Fehler machen auch immer wieder die Hallensprecher, wenn sie seinen Namen aussprechen: „Da gab es schon die verrücktesten Kreationen.“ Dabei ist es eigentlich ganz einfach. Dschi-bril Em-beng-u-e. Oder: Urgewalt aus Urbach.