Ursula Haberl schließt das Modegeschäft in der Cannstatter Straße 80 in Fellbach. Dessen Wurzeln reichen zurück zum Schirmgeschäft Hüttl mit mehr als hundert Jahren Firmengeschichte. Die Gründe sind vielfältig.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Fellbach verliert ein weiteres Fachgeschäft. „Ich habe lange darüber nachgedacht, und der Entschluss ist mir alles andere als leicht gefallen“, sagt Inhaberin Ursula Haberl. Doch das Modegeschäft sei nicht mehr wirtschaftlich zu führen, sagt sie. Es seien mehrere Faktoren, die zu der Entscheidung geführt hätten.

 

Die verschiedenen „Corona-Schübe“ mit all ihren Schließungen, Auflagen und der Verunsicherung der Kunden. Dann folgte der Ukraine-Krieg mit Inflation, Kaufzurückhaltung und der allgemein etwas gedämpften Stimmung, wie Haberl sagt. Gespürt habe sie auch die Veränderungen in der Cannstatter Straße durch den Wegfall einiger Geschäfte. In der Straße werde es immer ruhiger, was die Laufkundschaft angehe. Der Vermieter habe sie in der Coronazeit unterstützt. Doch die längerfristige Perspektive für das kleine, inhabergeführte Modegeschäft fehle. Auch Fachleute hätten prognostiziert, dass sie mit den Umsätzen nicht mehr auf das Niveau vor der Coronazeit komme.

„Ich musste einen Strich ziehen“, sagt sie. Im „verflixten siebten Jahr“ käme nun das Aus. 2015 hatte Ursula Haberl das „Cannstatter 80“ in der gleichnamigen Adresse in Fellbach übernommen. Marietta Schweizer wollte damals die Firma Hüttl nach mehr als hundert Jahren in der Familie in neue Hände geben. Bei der Übergabe hieß es damals von den beiden Schwestern, sie hätten „eine würdige Nachfolgerin für unser schönes und allseits geschätztes Geschäft“ gefunden. Die Firma Hüttl hat ihre Ursprünge in einem Spezialgeschäft für Schirme. „Eigene Reparaturwerkstatt seit 1904“ steht auf einem Packpapier von damals, das mit Schirmen verziert ist und das Ursula Haberl im Laden aufbewahrt hat. Ihr Konzept bei der Mode ist, besonders auf kleine, regionale Hersteller wie Gix aus Tübingen, Rundholz Blacklabel oder Oska aus München zu setzen. „Das sind Firmen, bei denen die Kleidung unter besseren Bedingungen produziert werden, das erklärt dann auch die etwas höheren Preise.“

Ursula Haberl ist eine Quereinsteigerin. Doch Kundenbindung und Service waren auch in ihren früheren Tätigkeiten gefragt. Die vorherigen Besitzerinnen hat sie über einen Kunstkurs kennengelernt. Kunst spielt für Ursula Haberl eine wichtige Rolle – auch die Wände des Ladens sind mit eigenen Werken versehen. „Mich freut es, wenn sich die Kundin in der Kleidung wohlfühlt und sie ihre Persönlichkeit dadurch unterstreicht“, sagt Ursula Haberl.

Der stationäre Laden ist auch ein Stück Lebensqualität in der Stadt

„Schade“, sagt Brigitte Kurz, eine Stammkundin, die an diesem Tag vorbeikommt. „Es ist hier einer der schönen Läden, in denen ich auf jeden Fall etwas finde.“ Auch Doris Veith, die extra aus Waiblingen regelmäßig in das Fellbacher Geschäft kommt, bedauert die Schließung sehr. „Wo bekomme ich nun bloß meine Sachen her?“, fragt sie. Beim Umgang mit den Kundinnen wird auch deutlich, dass das Modegeschäft oft dazu noch ein kleiner Treffpunkt war, in dem die Kunden in den beiden gemütlichen Sesseln auch mal Platz nahmen und ein kleines Schwätzchen hielten – der stationäre Laden mit der persönlichen Atmosphäre mitten in Fellbach war für viele ein Stück Lebensqualität.

Noch ist das „Cannstatter 80“ offen, der Abverkauf startet am Fellbacher Maikäferfest, 7. Mai, beim verkaufsoffenen Sonntag von 12.30 bis 17.30 Uhr. An diesem Sonntag wird Fellbach vom Bahnhof bis zum Rathaus zur langen Fußgängerzone. Vor ihrem Geschäft wird dann auch Livemusik mit der Band „12null2“ geboten. Auch die Einrichtungsgegenstände sind dann übrigens zu haben wie die Tischchen und Regale und manches mehr. Das Aus ist beschlossene Sache.

Weitere Informationen im Internet unter: www.cannstatter80.de