Der ortsteilübergreifende Gewerbeverband in Filderstadt schlägt Alarm: Dem Handel geht es schlecht. Die Wunschliste der Vorsitzenden an die Verwaltung ist lang.

Filderstadt - Die Zuversicht scheint zu großen Teilen verflogen. Als Herbert Köhn und Gerhard Holz im Gespräch mit unserer Zeitung vor ziemlich genau zwei Jahren über die Fusion von vier Filderstädter GHV- und BDS-Ortsverbänden zum großen Verein DGHI – kurz für Dienstleistung, Gewerbe, Handel, Industrie – sprachen, strahlten sie Optimismus aus, benutzten Schlagworte wie „Energien bündeln“ und „gemeinsam stärker“, auch äußerten sie eine Reihe von Wünschen an die Kommunalverwaltung. Die müsse die Stadtteile stärken, um den Handel vor Ort zu halten. Es brauche attraktive und lebendige Zentren, Modernisierungen, freies W-Lan, Pedelec-Stationen.

 

Zwei Jahre später ist diese Liste länger geworden, und die DGHI-Vorsitzenden strahlen durchaus auch Frust aus. „Die Situation des Handels in Filderstadt ist nicht rosig“, stellt Herbert Köhn (63) klar. Die Ortsteile litten unter einem Kundenschwund, und das nicht erst seit Corona. Die Pandemie habe die Situation noch verschärft. „Viele Händler haben existenzielle Probleme“, betont Herbert Köhn.

In den nächsten Wochen stehen mehrere Geschäftsaufgaben an

Tatsächlich streichen einige Geschäftsinhaber die Segel. In Bernhausen etwa wird das Schreibwarengeschäft Villa zum 26. Februar schließen. Besonders dramatisch ist die Situation in Plattenhardt. Leerstände prägen das Bild an der einst bunten Uhlbergstraße.

Und der Niedergang geht weiter. Die Parfümerie Godel schließt im März. Zu den Gründen erteilt das Unternehmen keine Auskunft, im Ortsteil ist allerdings zu hören, dass es sich nicht mehr gelohnt habe. Etwas weiter wird Helga Weber Ende Juni ihr Mode-Studio nach 32 Jahren zumachen. Sie findet deutliche Worte. „Der Hintergrund ist, dass die Leute alles online bestellen.“ In der Passage, wo ihr Laden ansässig ist, sei nichts los. „Mit den Stammkunden allein kann ich nicht überleben“, sagt sie.

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Die Stadtteile müssen zügig belebt werden

Die DGHI-Vorsitzenden sehen die Stadt in der Pflicht. „Wir brauchen dringend von der Stadtverwaltung Maßnahmen, um die Innenstädte zu entwickeln“, sagt Herbert Köhn. Damit meint er städtebauliche Maßnahmen für mehr Aufenthaltsqualität, auch eine bessere Parksituation, „um das, was da ist, zu erhalten“.

Vieles geht ihm und Gerhard Holz (69) nicht schnell genug. Dass etwa Plattenhardt Sanierungsgebiet ist und die Pläne auch eine Aufwertung der Uhlbergstraße beinhalten, dauere zu lang. „Dann ist in Plattenhardt nichts mehr da“, sagt Herbert Köhn. Die Stadtteile müssten im Rahmen ihrer Möglichkeiten zügig ausgebaut und belebt werden. Gerhard Holz pflichtet ihm bei. „Für uns geht es darum, Maßnahmenpläne mit Priorisierungen zu machen.“

Freies W-Lan in allen Stadtteilen, öffentliche Toiletten, eine effektivere Parkraumbewirtschaftung, um Dauerparker loszuwerden, eine bessere ÖPNV-Anbindung aller Stadtteile an die S-Bahn, die Sicherstellung der Grundversorgung, etwa durch Gastronomie oder Finanzdienstleister – das Vereinsführungsduo sieht etliche Aufgaben im Rathaus angesiedelt. Gerhard Holz spricht von einem regelmäßigen Austausch mit der Verwaltung, allerdings müsste der Stellenanteil bei der Wirtschaftsförderung nach dem Geschmack der Männer deutlich ausgebaut werden. „Wir machen das ehrenamtlich, wir brauchen die Stadt, um Dinge umsetzen zu können“, sagt Herbert Köhn.

Was der DGHI für seine Mitglieder tut

Und was tut der Verein DGHI selbst für die etwa 250 Mitglieder? Herbert Köhn berichtet von der neuen Homepage, auf der etwa Mitglieder die Möglichkeit bekämen, den aktuell noch recht leeren Online-Shop zu bestücken. Außerdem verweist er auf Veranstaltungen und ortsteilübergreifende Werbemaßnahmen, etwa eine Plakataktion im Advent, die man mit der Stadt auf die Beine gestellt habe. Außerdem informiere man die Mitglieder regelmäßig über die Corona-Maßnahmen.

Der DGHI ist durch die jüngsten Geschäftsaufgaben alarmiert. Das Ganze sei ein Teufelskreis, denn gebe einer auf, habe der nächste automatisch weniger Frequenz. Die Vorsitzenden nehmen daher auch die Bürger in die Pflicht. Die Filderstädter seien gefordert, vor Ort einzukaufen. Die Kunden würden mit den Füßen abstimmen. Gerhard Holz betont: „Was weg ist, ist weg. Das kommt nicht wieder.“