Stuttgart ist inzwischen großflächig mit dem mobilen Datenturbo der vierten Generation (LTE) versorgt. Je nach Netzbetreiber gibt es allerdings zum Teil erhebliche Unterschiede – und dann wäre da noch ein altbekanntes Problem.

Stuttgart - Es dauert nur eine Sekunde, bis der Trailer zum zweiten Teil der Hobbit-Trilogie in der bestmöglichen Auflösung auf dem Smartphone startet – und das obwohl gleichzeitig das neue Helene Fischer-Album im Hintergrund heruntergeladen wird. Was früher undenkbar war, ist mit dem Mobilfunk-Standard der vierten Generation, Long Term Evolution (LTE), problemlos möglich.

 

Bereits 2010 haben die Netzbetreiber mit dem LTE-Ausbau in Deutschland begonnen und erreichen inzwischen rund 60 bis 70 Prozent aller Bundesbürger. „Unser Ziel ist es, bis 2015 mehr als 90 Prozent des Bundesgebiets mit LTE zu versorgen,“ so Vodafone-Sprecher Dirk Ellenbeck. „Im Rahmen des derzeit anlaufenden Netzmodernisierungsprogramms werden wir außerdem die Qualität unseres bestehenden 2G- und 3G-Netzes verbessern.“

Auf den Netzbetreiber kommt es an

Stuttgart war beim LTE-Ausbau von Anfang an ganz vorne mit dabei. Der neue Mobilfunk-Standard ist in viele Stadtteilen bereits flächendeckend verfügbar – und dennoch gibt es zwischen den einzelnen Netzbetreibern zum Teil erhebliche Unterschiede. Laut der für jeden im Internet einsehbaren Netzabdeckungskarte von o2 etwa, wird das gesamte Stadtgebiet mit LTE versorgt – allerdings nur dann, wenn man die Versorgung im Freien betrachtet. Befindet man sich dagegen in einem Gebäude, muss man an einigen Standorten ohne den mobilen Datenturbo auskommen. Zudem fließen die Daten bei o2 langsamer als bei den Mitbewerbern: mit maximal 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) können die Nutzer im Internet surfen. Bei Vodafone und der Telekom sind es bis zu 150 MBit/s.

Wer in Botnang wohnt und Telekom-Kunde ist, profitiert von diesen Geschwindigkeiten jedoch nicht, da das LTE-Netz der Telekom dort kaum ausgebaut ist. Ähnlich ergeht es Vodafone-Kunden in Sillenbuch. Beim Umstieg auf die derzeit noch recht teuren LTE-Tarife sollten sich Kunden deshalb im Vorfeld genau informieren, wie es um die Netzabdeckung an ihrem Wohn- und Arbeitsplatz bestellt ist.

Funkschatten über dem Kessel

Während der Ausbau des neuen LTE-Standards zügig voranschreitet, haben einige Gegenden in Stuttgart noch mit Problemen zu kämpfen, die so alt sind, wie der Mobilfunk selbst: Funklöcher. „Es wird ständig schlimmer! Wenn ich vom Japanischen Garten runter Richtung Klinik fahre reist das Gespräch nahezu immer ab. Mitten in Stuttgart.“, schreibt Jakob Schultz auf Facebook. „Es gibt auch noch ein paar weitere Stellen am Kriegsberg wo das passiert. In der Birkenwaldstr. habe ich in meinem Büro teilweise so miesen Empfang, dass man keine Gespräche führen kann.“

Auch andere Nutzer klagen über immer wieder auftretende Verbindungsprobleme in den Netzen der drei großen Mobilfunkanbieter im Raum Stuttgart – etwa beim Fernsehturm, am Kräherwald sowie an der Neuen und Alten Weinsteige. Offiziell herrscht an all diesen Orten eine hundertprozentige Netzabdeckung, wie ein Blick auf die entsprechenden Informationskarten der Betreiber, die im Internet eingesehen werden können. Sogar der Ausbau des Mobilfunk-Standards der vierten Generation, Long Term Evolution (LTE), ist dort bereits weiter fortgeschritten, als in vielen anderen Teilen der Region und des Landes.

Dass es dennoch zu Verbindungsproblemen kommen kann, führt Julia Leuffen, Pressesprecherin von Telefónica Germany (o2), auf unterschiedliche Faktoren zurück: „Stuttgart ist großflächig mit 2G beziehungsweise 3G versorgt. Allerdings kann es aufgrund von Umfeld- und Gebäudebedingungen, wie Reflexionen oder Gebäudedämpfung, teilweise zu Service-Einschränkungen kommen, die nicht immer 1:1 in der Netzabdeckungskarte abbildbar sind.“

Keine Stadt ist zu 100 Prozent versorgt

Vodafone-Sprecher Dirk Ellenbeck sieht die Ursache für die Funklöcher unter anderem in der schwierigen Topografie Stuttgarts. Außerdem sei das Netz vor allem im Zentrum zeitweise überlastet: „Mit unserem Netz-Modernisierungsprogramm wollen wir genau diese Probleme angehen. Wir bauen unser LTE-Netz bis 2015 massiv aus, was zu freien Kapazitäten in den anderen Netzen führen wird.“ Auch o2 plant noch in diesem Jahr viele weitere Mobilfunkanlagen mit LTE auszustatten.

Mit Verbindungsabbrüchen und ähnlichen Problemen kämpfen derweil nicht nur Handynutzer in Stuttgart: „Keine Stadt ist zu 100 Prozent versorgt. Es gibt überall Gebiete, in denen steile Anstiege oder mehrere, dicht aneinander gebaute Hochhäuser für Funkschatten sorgen,“ sagt Bernd Theiss vom Telekommunikationsmagazin Connect. „Zudem besitzen die einzelnen Handy- und Smartphone-Modelle unterschiedlich leistungsstarke Antennen. So kann es vorkommen, dass ein Gerät noch Empfang hat, während das andere längst keine Verbindung mehr zur nächsten Basisstation herstellen kann.“

In solchen Fällen bleibt Handynutzern nichts anderes übrig, als den Standort zu wechseln. Oft reicht es bereits aus, ein paar Schritte zu gehen, um die Verbindung zu einer anderen Basisstation herzustellen – was freilich keine praktikable Lösung für diejenigen darstellt, deren Wohnung sich direkt in einem Funkloch befindet.

Manch einer möchte aber gar nicht immer und überall erreichbar sein und kann Stuttgarts Funklöchern etwas Positives abgewinnen – wie Facebook-Nutzer Michael Koslowski: „Beim beziehungsweise im Ochs’n Willi geht überhaupt nichts. Dort kann man wirklich in ruhe essen!“

Wie gut ist die Netzabdeckung in meiner Straße?

Wer genau wissen möchte, wie es um die Netzabdeckung in den eigenen vier Wänden oder am Arbeitsplatz bestellt ist, kann dazu die Netzabdeckungskarten der Mobilfunkbetreiber nutzen:

Netzabdeckungskarte Vodafone

Netzabdeckungskarte o2

Netzabdeckungskarte Deutsche Telekom

Basiswissen Mobilfunk

Funktionsweise:
Wählt man eine Rufnummer, übertragt das Handy diese zur nächstgelegenen Mobilfunk-Basisstation. Diese leitet die Signale üb er Kabel oder Richtfunk zur nächsten Funkvermittlungsstelle weiter, von wo aus das Gespräch zum Angerufenen gelangt. Jede Basisstation kann allerdings nur eine bestimmte Anzahl von Gesprächen abwickeln, weshalb sie nur ein begrenztes Gebiet versorgt – die Funkzelle. Bewegt man sich während eines Telefonats von einer Funkzelle zur nächsten, wird die Verbindung automatisch und – im Idealfall – ohne Unterbrechung weitergereicht. Der Durchmesser einer Funkzelle liegt bei etwa 200 Metern in Städten und bis zu mehreren Kilometern auf dem Land.

GSM
steht für Global System for Mobile Communications und ist der erste, überwiegend für Telefonie genutzte, volldigitale Mobilfunk-Standard, der in Deutschland seit 1990 zum Einsatz kommt. Noch heute ist er der weltweit verbreitetste Standard und wird in rund 200 Ländern genutzt. Auch Daten können über die GSM-Kanäle übertragen werden, allerdings sind die Übertragungsraten für viele aktuelle Anwendungen zu gering (236,8 kBit/s mit EDGE).

LTE
steht für Long Term Evolution und gilt als MobilfunkStandard der vierten Generation (4G), der dem Bedürfnissen nach immer höheren Datenübertragungsraten Rechnung trägt. Dauerte der Download von Filmen und großen Dateien im UMTS-Netz (3G) zum Teil mehrere Minuten, gelangen die Daten im LTE-Netz mit bis zu 150 Mbit/s binnen weniger Sekunden auf das Smartphone oder den Tablet-PC. Mit LTE-Advanced sollen sogar bis zu 1 000 Mbit/s möglich werden. Im ländlichen Raum wird LTE zudem als Breitbandersatz in Regionen ohne DSL-Verfügbarkeit verwendet.