Wie der seltsame Auftritt des VfB Stuttgart in Hannover mit der Diskussion um Trainer Tim Walter in Einklang zu bringen ist.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart/Hannover - Pascal Stenzel drosch den Ball Richtung Tribünendach. Der Frust saß tief beim Stuttgarter Rechtsverteidiger, als Schiedsrichter Thorben Siewer zur Halbzeit gepfiffen hatte. Endlich, muss man aus Stuttgarter Sicht hinzufügen, schließlich war das Ergebnis für die Gäste noch das Beste an den desolaten ersten 45 Minuten: Dass es nur 0:1 stand.

 

„Wir haben fast nichts auf den Platz bekommen“, wunderte sich Sportdirektor Sven Mislintat. „Wir hätten auch höher zurückliegen können.“ Nichts passte zusammen in einem Spiel, das von vielen schon als Endspiel für Trainer Tim Walter deklariert wurde. Behäbig, fast lustlos ergaben sich die elf Stuttgartern einer stark aufspielenden Hannoveraner Elf, die immer einen Tick schneller, aggressiver, zielstrebiger war.

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Eine solch offensive Herangehensweise des Gegners war der VfB Stuttgart aus dem bisherigen Zweitligaalltag offenbar nicht gewohnt. Zumindest schien er gänzlich unvorbereitet – und fand auch während der kompletten ersten Hälfte kein Gegenmittel. „Wenn du das Pressing des Gegners überwinden willst, musst du genauer spielen“, analysierte Stenzel. Doch hier zeigte der Aufstiegsanwärter trotz des schlechten Platzes teils haarsträubende technische Schwächen.

Walter bezieht die Leistung seiner Mannschaft auf sich

Die in einer stürmischen zweiten Halbzeit nicht mehr so auffielen. Nach dem 1:1 durch Nicolas Gonzalez nur zwölf Sekunden nach Wiederanpfiff, spätestens nach dem 2:1 durch Silas Wamangituka (62.) verlor die Mannschaft alle Hemmungen. Hin und her ging es nun, praktisch ohne Mittelfeld ergaben sich auf beiden Seiten Chancen für weitere Tore. Doch es traf nur noch Edgar Prib für Hannover (74.) – Torhüter Fabian Bredlow sah bei dem eher harmlosen Schuss nicht besonders gut aus.

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So stand am Ende ein 2:2 in einem Spiel, das auch 4:4 hätte ausgehen können. Oder 4:6. Unterm Strich war es „ein glücklicher Punkt“, räumte Mislintat ein. Bei dem wenig Begeisterung für die unterhaltsame zweite Hälfte aufkommen wollte. „Das hatte wenig mit Struktur zu tun, das war vogelwild.“

Walter wiederum bezog das Spiel seiner Mannschaft auf sich – sowohl die erste als auch die zweite Halbzeit. Die Diskussionen um seine Person hätten die „Jungs gehemmt. Sie hatten anfangs ein bisschen Blei in den Beinen. Nach der Pause wollten sie auch für den Trainer da sein. Da haben sie es grandios runtergespielt“, meinte der 44-Jährige.

Unterm Strich war das Spiel aber kein Empfehlungsschreiben für eine Weiterbeschäftigung Walters. Am Sonntag Nachmittag war noch keine Entscheidung gefallen. Unabhängig davon: Die Zweifel, ob die Mannschaft im neuen Jahr mehr zu leisten imstande ist als in dieser Halbserie, sind nach dem Auftritt von Hannover nicht kleiner geworden.