Die Messegesellschaft in Hannover hat die weltgrößte Veranstaltung wegen Corona um etwa einen Monat verschoben. Aussteller aus Baden-Württemberg zeigen Verständnis für die Entscheidung. Viele setzen zusätzlich auf ein digitales Format.

Stuttgart - Die Hannover-Messe wird um einen Monat verschoben und um einen Tag verkürzt. Die weltgrößte Industriemesse soll nun vom 30. Mai bis 2. Juni stattfinden; zunächst war sie für 25. bis 29 April geplant. Anders als im vorigen Jahr, als die Hannover-Messe rein virtuell war, soll es diesmal eine Präsenzmesse sein. Im Jahr 2023 soll die Messe dann wieder fünf Tage stattfinden.

 

Die Messegesellschaft begründet die Entscheidung mit den anhaltend hohen Inzidenzwerten in Deutschland und in vielen Nachbarländern. „Wir haben im vergangenen Jahr feststellen können, dass sich während der Pandemie die Sommermonate am besten für Großveranstaltungen eignen“, sagt Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Messe AG. „Da wir zum heutigen Zeitpunkt nicht davon ausgehen können, dass sich die Coronalage bis April ausreichend entspannt hat, bieten wir unseren Kunden mit der frühzeitigen Terminverschiebung die größtmögliche Planungssicherheit, um ihre Innovationen auf der weltweit wichtigsten Industriemesse zu präsentieren“, fügt der Messechef hinzu.

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Die Aussteller im Südwesten reagieren mit Verständnis auf die Entscheidung, wie eine Umfrage unserer Zeitung zeigt. „Wir hatten natürlich gehofft, dass die Messe in diesem Jahr wie geplant stattfinden kann. Eine Verschiebung der Messe ist für uns wesentlich besser als eine erneute rein digitale Messe“, sagt eine Sprecherin des Automatisierungsspezialisten Festo in Esslingen. „Uns ist wichtig, dass wir unsere Kunden endlich mal wieder persönlich treffen können. Deswegen ist der neuen Termin im Sommer aus unserer Sicht gut, weil erfahrungsgemäß in dieser Zeit die Inzidenzen niedrig sind“, urteilt Matthias Lapp, Chef des Stuttgarter Kabelherstellers Lapp.

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Auch der Ventilatorenhersteller Ziehl-Abegg sowie der Sensorspezialist Leuze wollen an der neu angesetzten Messe teilnehmen. Ziehl-Abegg plant „weiterhin mit unserer gewohnten Präsenz“, kommentiert Vorstandschef Peter Fenkl die Entscheidung der Hannover-Messe. Bosch dagegen will seine Ausstellungsfläche gegenüber dem letzten normalen Messejahr 2019 um 30 Prozent reduzieren; dies sei aber unabhängig von der nun angekündigten Verschiebung, betont ein Bosch-Sprecher.

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Überrascht wurden die Aussteller von der jetzigen Verschiebung nicht; sie waren frühzeitig eingebunden. Bereits Ende November habe die Messe Ziehl-Abegg signalisiert, dass „der Termin eventuell verschoben werden könnte“, sagt Fenkl. Dies bestätigt Matthais Lapp. Aber: „Wir hätten es besser gefunden, wenn eine im Raum stehende Verschiebung noch Ende 2021 kommuniziert worden wäre“, fügt er hinzu. Denn für die Aussteller sei größtmögliche Planungssicherheit wichtig. Schließlich hat die Organisation einer solchen Leistungsschau einen langen Vorlauf – teilweise bis zu einem Jahr.

„Für uns beginnen die Vorbereitungen für eine Hannover-Messe nach der Hannover-Messe“, sagt die Festo-Sprecherin denn auch. „Wir befinden uns bereits im Zielanflug“, fügt sie hinzu. Und: Die Entscheidung der Messe sei „gut verdaulich“. Die Herausforderung werde sein, dass auch andere wichtige Messen fast zeitgleich stattfinden, so die Festo-Sprecherin. Ziehl-Abegg hat seine „Stand- und Exponatesammlung längst abgeschlossen“, sagt Fenkl. Interne und externe Aufträge sind vergeben. Angefallen seien bisher zwischen 15 und 20 Prozent der gesamten Kosten einer solchen Messe, verrät Fenkl. Andere Aussteller äußern sich zu den Kosten nicht.

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Viele Aussteller setzen allerdings nicht ausschließlich auf Präsenz, sondern zusätzlich auf einen digitalen Auftritt. Beispiel Bosch: „Teilweise werden wir Inhalte als zusätzliches Angebot zu unserem Messeauftritt digital anbieten“, sagt der Sprecher. Der Sensorhersteller Leuze will seinen Messeauftritt „mit digitalen Angeboten rund um die Messen“ verlängern, wie die Sprecherin sagt: „Denn wir wollen all unseren Interessenten und Kunden die Möglichkeit bieten, uns und unsere technologischen Trends und Innovationen kennenzulernen. Auch denjenigen, die nicht vor Ort sein können.“

Auch der Kabelhersteller Lapp plant zusätzlich mit einem digitalen Angebot, „denn wir müssen uns darauf einstellen, dass vor allem Besucher aus dem Ausland noch nicht so stark vertreten sein werden wie vor der Pandemie“, sagt Matthias Lapp. „Daher ist ein paralleler digitaler Messeauftritt unverzichtbar“, fügt er hinzu.