Auf Platz 5 hätte der frühere Citymanager im Mai 2019 gern wieder für den Stuttgarter Gemeinderat kandidiert. Seine Genossen wollten ihm nur Platz 11 bieten. Deshalb hört er lieber ganz auf. Die Partei mache einen taktischen und strategischen Fehler, sagt er.

Stuttgart - SPD-Stadtrat Udo Lutz, der auch dem Kreisvorstand angehört, redet am Montag nicht lang drum herum: „Das ist eine emotionale Situation.“ Gemeint ist die Entwicklung, dass sein Fraktionskollege Hans H. Pfeifer am Samstag beim Parteitag zur Aufstellung der Kandidatenliste für den Gemeinderat seine Bewerbung enttäuscht zurück zog und seinen Abschied aus der Kommunalpolitik einleitete.

 

Pfeifer (70) ist nicht irgendein kommunalpolitischer Mitläufer. In Bad Boll war er einmal jüngster Bürgermeister des Landes, in Freudenstadt OB. Danach arbeitete er als Selbstständiger sozusagen im kommunalen Marketing, ehe er in Stuttgart Citymanager des Handels und Stadtrat der SPD wurde. Seit mittlerweile neun Jahren ist er Vizechef der momentan neunköpfigen Fraktion. Für Platz 3 der Kandidatenliste für die Gemeinderatswahl 2019 hatte er sich – anders als 2014 – nicht mehr bewerben wollen, aber Platz 5 angestrebt. Die Findungskommission hatte das unterstützt. Doch am Vorabend des Listenparteitags, als der Kreisvorstand und die Ortsvereinsvorsitzenden letzte Hand an den Listenvorschlag gelegt hatten, war Pfeifer noch auf Platz 11 verschoben worden.

Der Ortsverein Bad Cannstatt wollte besser repräsentiert sein

Kurz gesagt: Der Ortsverein des einwohnerstärksten Bezirks Bad Cannstatt wandte ein, sein bestplatzierter Kandidat sei nie schlechter als auf Platz 5 gesetzt gewesen. Und auch der Arbeitnehmerflügel der Partei wollte weiter vorn repräsentiert sein. So wählten die Funktionäre am Freitag Stefan Conzelmann, Chef des Ortsvereins Cannstatt, auf Platz 5. Für den Juristen wurde auch in die Waagschale geworfen, dass er beim Mieterverein Ratsuchende betreut – und der Mangel an bezahlbaren Wohnungen ist ein Schwerpunktthema, das die SPD noch stärker betonen will. Dass Pfeifer auf Platz 11 rutschte, „lag an einer Kombination verschiedener Faktoren“, sagt Kreisparteichef Dejan Perc. Am Samstag versuchte Pfeifer das wieder zu korrigieren. Fraktionschef Martin Körner trat als sein Fürsprecher auf. Doch es reichte nicht.

Das Ergebnis sei „eindeutig“ und für ihn ein „Affront“ gewesen, sagt Pfeifer. Auch von Platz 11 hätte er in den Gemeinderat einziehen können. Es sei für ihn aber eine Frage der Selbstachtung gewesen, lieber nicht mehr anzutreten. So habe er nicht vor die Wähler treten wollen. „Ich bin für diese Partei in 46 Jahren im Wind gestanden“, sagt Pfeifer, „manches habe ich nicht wegen, sondern trotz dieser Mitgliedschaft erreicht.“ Die SPD in Stuttgart schade sich selbst. Sie mache einen taktischen und strategischen Fehler. Er sei gut vernetzt und werde mit der SPD identifiziert, sagt Pfeifer. Da die letztmalige Stimmenkönigin, die Grüne Anna Deparnay-Grunenberg aus dem Dachswald nicht mehr antrete, wäre in den Filderbezirken Vaihingen, wo Pfeifer wohnt, und Möhringen für die SPD mit ihm auf Platz 5 mehr zu holen gewesen.

Pfeifer gilt als „Multiplikator“ mit Erfahrung

Der Kreisvorsitzende Perc sagt, frühere Listen seien als „filderlastig“ kritisiert worden, jetzt habe das Pendel eben in die andere Richtung ausgeschlagen. Die nördlichen Bezirke und Stuttgart-West seien nun besser repräsentiert, damit auch Bezirke, in denen die SPD bisher mehr Stimmen geholt habe als auf den Fildern. Es seien demokratische Entscheidungen gewesen, sagen Perc und Körner gleichermaßen. Natürlich sei Pfeifer „ein gut vernetzter, starker Multiplikator“, sagt Perc. Er sei „einer der aktivsten Stadträte mit großer kommunalpolitischer Erfahrung“, erinnert Körner. So einen möchten sie als Ratgeber behalten.

Pfeifer selbst aber will sich im letzten halben Jahr Stadtratstätigkeit um die „Aktualitäten“ kümmern, aber keine Zielgruppen- und Programmgespräche mehr führen. Er sagt auch: „Es ist unglücklich gelaufen. Es bleibt ein bitterer Nachgeschmack.“