In zwei Streaming-Großproduktionen liefern sich an diesem Freitag zwei US-Shootingstars ein zauberhaftes Gesangsfernduell: Disney+ feiert Billie Eilish in dem Konzertfilm „Happier than ever“, und Amazon Prime macht Camila Cabello zur Titelheldin eines „Cinderella“-Musicals.

Freizeit & Unterhaltung : Gunther Reinhardt (gun)

Stuttgart - Was taugen die Filme mit Billie Eilish und Camila Cabello, die jetzt bei Disney+ und Amazon starten?

 

Happier than ever

Ist das wirklich Billie Eilish, die da im Porsche-Cabriolet durch die Hollywood Hills und zu all den Schauplätzen fährt, die die Traumfabrik berühmt gemacht hat? Ist sie es tatsächlich, die bei Nacht auf dem Dach des Roosevelt Hotels gedankenverloren auf das im Tal friedlich vor sich hin glitzernde Los Angeles blickt? Oder verbirgt sich hinter dieser blonden Trickfilmfigur vielleicht doch Lana Turner, Grace Kelly oder Marylin Monroe?

Disneys „Happier than ever: Ein Liebesbrief an Los Angeles“ will – der Untertitel lässt es erahnen – mehr sein als ein Konzertmitschnitt. Zwar folgt der von Robert Rodriguez und Patrick Osborne inszenierte Film penibel der Dramaturgie des Billie-Eilish-Albums „Happier than ever“, das im Juli erschienen ist, zeigt die Songs in ihren Live-Umsetzungen in der gleichen Reihenfolge wie auf der Platte. Doch dazwischen gibt es ebendiese Szenen, in der eine Trickfilm-Billie Los Angeles erkundet und dabei nicht mehr nach manisch-depressiven Teenie-Superstar aussieht, sondern wie eine der lasziv-melancholischen Diven aus Hollywoods goldenem Zeitalter.

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Das passt aber wunderbar zu den hochwertigen Songs, die die 19-Jährige in der Hollywood Bowl mal mit ihrem Bruder und Produzenten Finneas und mal mit dem Los Angeles Philharmonic Orchestra unter der Leitung Gustavo Dudamels singt: Denn auch Stücke wie „Getting older“, „Billie Bossa nova“ oder „My Future“, die Billie Eilish mit einem betörend-gereiften, dunklen Timbre vorträgt, klingen gar nicht mehr nach störrischer Teenierebellion, sondern nach Great American Songbook, nach dem Glanz des alten Hollywoods.

Happier than ever – Ein Liebesbrief an Los Angeles. Von diesem Freitag an bei Disney+

Cinderella

Aschenbrödel ist nun eine Hobbyschneiderin, die lieber eine Modeboutique eröffnet, als den nächstbesten Prinzen zu heiraten. Die gute Fee ist ein ziemlich überkandidelt mit dem Zauberstab herumfuchtelnder Schmetterlingsmann. Und alle in dieser Märchenwelt scheinen ein großartiges Gesangstalent zu haben, wenn Mäuse, Stiefmütter oder Hofschranzen den Mund aufmachen, liegt stets Musik in der Luft – nur wenn Pierce Brosnan, der immerhin den König in dieser „Cinderella“-Neuauflage mimt, sich als Sänger versucht, spielt die Musicalmaschine hinterhältig nicht mit und lässt ihn alleine vor sich hin krächzen.

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Diese bonbonfarbene Neufassung des Grimm’schen Märchens taugt zwar nicht zum neuen „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, auch wenn sich die kubanisch-US-amerikanische Sängerin Camila Cabello („Havanna“) als Cinderella einiges von der niedlichen Aufmüpfigkeit der tschechischen Märchenverfilmung abgeschaut hat. Das wäre trotz Stars wie Idina Menzel als Stiefmutter, Billy Porter als guter Fee und James Cordon als verzauberte Maus auch zu viel verlangt.

Dennoch: Selbst für Märchen-Musical-Verhältnisse gerät die zweite Hälfte von Kay Cannons Film zu harmlos. Was einen darüber hinwegrettet, ist nur der Soundtrack, der neben effektvollen Originalsongs („Millions to One“) viele Neuinterpretationen von Pophits enthält – etwa Madonnas „Material Girl“, Queens „Somebody to Love“ und ein aberwitziges Mash-up aus „Seven Nation Army“ von den White Stripes und „Whatta Man“ von Salt-N-Pepa.

Cinderella. Von diesem Freitag an bei Amazon Prime