Harry Fakner ist seit knapp 20 Jahren in der Filmbranche tätig – so auch als Berater für historische Ausstattung, Dialoge und Kostüme im für neun Oscars nominierten Film „Im Westen nichts Neues“.

Tief im Westen der USA steht am Sonntag ein Ereignis an, das auch ganz im Westen des Rems-Murr-Kreises mit Spannung verfolgt wird: Denn für die Oscar-Verleihung ist der Film „Im Westen nichts Neues“ gleich in neun Kategorien nominiert. Dass der Film über den Ersten Weltkrieg zuverlässig die damalige Historie abbildet, ist einem Fellbacher zu verdanken: Harry Fakner, dessen Firma Fakner Film Service für „Beratung, Kostüm, Ausstattung“ zuständig war, wie es auf der offiziellen Homepage des Films heißt.

 

Oscar-Verleihung mit doppelter Rems-Murr-Beteiligung

Somit könnte die Verleihung der wichtigsten Filmpreise aus Rems-Murr-Sicht Überraschungen für gleich zwei Menschen bringen – denn der Welzheimer Filmtontechniker Marcus Vetter war bei „Nawalny“ dabei, der als einer von fünf Dokumentarfilmen nominiert ist. Der 53-Jährige ist sogar selbst vor Ort im Dolby-Theater.

Für Harry Fakner wiederum ist die Mitwirkung in einem internationalen Film kein Neuland. Er wird gebucht, damit Dialoge stimmig sind, Haarschnitte den damaligen Gepflogenheiten entsprechen, ein Hubschrauber nicht mit falscher Lackierung in die Lüfte steigt, Gesten der Schauspieler zur Epoche passen, Uniformen tatsächlich genau so aussehen wie in der oft gar nicht so guten alten Zeit. Wenn Requisiten benötigt werden, hat er die passenden Kleidungsstücke oder Gegenstände im Fundus.

Auch in „Babylon Berlin“ muss alles stimmen

Renommierte Regisseure fragen den Fellbacher um Rat, so der bereits oscargekrönte Florian Henckel von Donnersmarck für „Werk ohne Autor“, Michael „Bully“ Herbig für „Ballon“, Andreas Dresen für „In Liebe, eure Hilde“, Fatih Akin für „Der goldene Handschuh“, „Der Cut“ oder „Rheingold“, Carlo Rola für „Africa, mon Amour“, Uli Edel für die TV-Serie „Der Palast“. Für die Erfolgsproduktion „Babylon Berlin“ war er der Garant für die wahrheitsgetreue Atmosphäre der legendären Goldenen Zwanziger. Meist bestückt Fakner seine Anmerkungen mit Fotos, „denn Filmleute denken in Bildern, die brauchen nicht endlose schriftliche Ausführungen“. Er begegnet Stars wie Iris Berben oder Daniel Brühl, ist oft bei Dreharbeiten dabei, etwa in Tunesien, Sri Lanka, Namibia, demnächst für einen Spielfilm über den Islamischen Staat (IS) in Jordanien.

Vor knapp 20 Jahren ist Fakner aus seinem vorherigen Beruf ausgestiegen. Seit 2006 bietet er mit seiner Mini-Firma der Filmindustrie seine Leistungen an und ist mittlerweile in der Branche so bekannt, dass er sich vor Aufträgen kaum retten kann und oft drei oder vier Filme gleichzeitig betreut. „Das geht alles über Mundpropaganda und die Weitergabe meiner Adresse, Werbung musste ich noch nie machen“, sagt er.

Der Regisseur ruft auch mal direkt vom Set aus an

So war es auch bei „Im Westen nichts Neues“, zu dem er zunächst das Drehbuch zugeschickt bekam, und der ihn von Mitte 2020 an für fast ein Jahr Tag für Tag vor neue Herausforderungen stellte. Dann ruft ein Regisseur wie Edward Berger auch mal direkt vom Set aus an, ob die Szene denn wirklich so geht, wie sie in den nächsten Minuten von der Kamera eingefangen werden soll. Da erhält Fakner eilige Mails wie: „Welche militärischen Kommandos könnten in den Schützengräben gegeben werden?“ – „Welches sind die Dienstgrade, von denen ein einfacher Soldat üblicherweise seine Befehle empfängt?“ Oder: „Welche Einrichtungen gab es in Schützengräben? Kantinen? Bunker? Toiletten? Funkerstuben?“

Durchaus stolz macht es Fakner, dass er nach bisher mehr als 70 Filmen noch nie eine Reklamationen erhalten hat, weil eine von ihm betreute Szene etwa nicht historisch korrekt umgesetzt gewesen sei. Selbst eine Gruppe amerikanischer Filmfans, die die Reihe „Berlin Babylon“ unter die Lupe genommen hat, „hat keinen einzigen Fehler gefunden“. Das Motto seiner akkuraten Tätigkeit: „Perfektion ist nicht einfach, aber sie ist es wert.“

70 Jahre alt ist Fakner mittlerweile, „und ich gondle immer noch in der Weltgeschichte rum“, sagt er scherzhaft. Der Ruhestand ist nicht in Sicht. Wobei: „Ein Nachtdreh, der auch mal über 18 Stunden gehen kann, strengt schon an.“ Aber es sei eben „eine Herzenssache, ich habe in meinem Beruf eine andere innere Zufriedenheit als früher“.

„Den Krieg zeigen, wie er ist“

Steht nun „Im Westen nichts Neues“ womöglich vor dem großen Oscar-Regen? „Da kann man keine Voraussagen treffen“, sagt Fakner, „es gab auch schon früher Filme mit vielen Nominierungen, die dann völlig leer ausgegangen sind.“ Er selbst war mit seiner Frau bei der Europa-Premiere in Zürich, wo auch die Tochter lebt. „Der Film ist schon brutal“, sagt er, „aber der Krieg muss so gezeigt werden, wie er eben damals war“. Und sitzt er selbst am Sonntag bei der Verleihung die ganze Nacht angespannt vor dem Fernseher? „Ach nein, ich lege mich ins Bett und schlafe durch. Mir reicht's, wenn ich das am nächsten Morgen mitbekomme.“