Die Baumaßnahmen im und am Haus am Fleinsbach in Filderstadt werden deutlich kostspieliger als erwartet. Der Gemeinderat fühlt sich schlecht informiert.

Filderstadt - Auf der Tagesordnung des Technischen Ausschusses Filderstadt liest sich das wie ein Routinevorgang: „Haus am Fleinsbach: Umbau-, Sanierungs- und Erneuerungsmaßnahmen – Mehrkosten und Information über terminliche Abwicklung“. „Natürlich werden wir der Vorlage zustimmen“, betonte Catherine Kalarrytou (Grüne) dann auch erwartungsgemäß. Die Maßnahmen seien schließlich notwendig. Ihren Unmut konnte sie dabei jedoch kaum verhehlen. Er war fraktionsübergreifend spürbar.

 

Der Grund: Die überraschende Höhe der zusätzlichen Kosten und eine als unangemessen empfundene Informationspolitik. Man sei erst kurz vor der Sitzung davon in Kenntnis gesetzt worden, dass mehr als 500 000 Euro zusätzlich für die Sanierung des Alten- und Gemeinwesenzentrums anfallen würden.

Und dann kam Corona

Petra Schumacher, Leiterin des Hochbauamtes, erklärte, die genaue Summe der Mehrkosten hätte leider erst kurzfristig festgestanden. Im turnusmäßigen Statusbericht vom 1. Februar 2021 an die Verwaltung habe das Projekt Haus am Fleinsbach noch innerhalb des Budgets gelegen. „Zu diesem Zeitpunkt waren noch nicht alle Ausschreibungen ausgewertet“, so Schumacher. Einige seien bereits 2019 in Zeiten florierender Baukonjunktur erfolgt und damals noch ohne Angebot geblieben. Der Umsetzungsbeginn fiel dann mit dem Beginn der Coronapandemie zusammen, was zu einem Baustopp führte. „Vor Ort sind die Folgen der Pandemie in Form von Materiallieferproblemen und Bauverzögerungen zu spüren“, sagte Petra Schumacher. Erst jetzt hätten Projektsteuerer, Architekt und Fachingenieure auf Basis der weiteren Angebotseingänge und in Kenntnis der noch anstehenden Arbeiten die zu erwartenden Kosten zusammenstellen können.

Stadt: Entwicklung nicht ungewöhnlich

Schumacher betonte, eine solche Entwicklung sei nicht ungewöhnlich. Bei Sanierungsarbeiten von bewohnten Objekten wie dem Altenpflegeheim komme es oft vor, dass Punkte erst in der Bauphase sichtbar werden, etwa wenn ein Bodenbelag entfernt werden könne. Im genutzten Zustand seien manche Stellen einfach nicht zugänglich. Der anfallende Aufwand könne dann nur geschätzt werden. „Unvorhergesehenes versucht man mit einem gewissen Prozentsatz im Budget zu puffern“, gab die Hochbauamtsleiterin zu verstehen. „Auch hier geht es aber um einen Schätzwert, der gut auskömmlich, aber auch deutlich zu klein sein kann.“

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So stellte sich erst während der Bauzeit heraus, dass zusätzliche Brandschutzmaßnahmen nötig waren. Ein mit 20 000 Euro zu Buche schlagender Fassadenanstrich erwies sich als notwendig. Für die Türanlage waren keine Ersatzteile mehr zu bekommen. Sie musste komplett erneuert werden. Bei Dach-, Elektro- und Sanitärarbeiten traten ebenfalls neue Kostenposten auf.

Waren es auch Fehlplanungen?

Die Verwunderung der Ausschussmitglieder über die Höhe der Kosten ließ sich mit diesen Ausführungen nicht gänzlich ausräumen. Die Frage, ob nicht auch Fehlplanung zu den rund 500 000 Euro beigetragen haben könnte, steht im Raum. Schumacher wies diese Vermutung entschieden zurück: „Es gibt keine Anhaltspunkte, die darauf hindeuten“, versicherte sie. Als Ursache für eine nicht optimale Bestandsaufnahme sehe man vor allem fehlende und unvollständige Bestandsunterlagen aus der Erstellungszeit des Gebäudes. Der Umstand, dass das Gebäude in Betrieb gewesen sei, habe eine Erfassung des Umfangs aller notwendigen Arbeiten erst nach und nach erlaubt. Die Missstimmung im Gremium fand sie „durchaus verständlich“, stellte aber auch klar, der Gemeinderat sei von der Verwaltung nach Bekanntwerden der Mehrkosten zeitnah informiert worden.

Bei aller geäußerten Kritik: Der Ausschuss bewilligte die ausstehende Summe mit deutlicher Mehrheit. Mit weiteren Überraschungen ist nicht zu rechnen. Das 2018 eingeleitete Projekt wird in absehbarer Zeit abgeschlossen sein. Laut Schumacher sieht der Zeitplan vor, die Sanierung des Zentrums Haus am Fleinsbach bis zum Jahresende 2021 abzuschließen.