Der Disput zwischen dem Stuttgarter Hausbesitzerverein und der Stuttgarter Stadtverwaltung vertieft sich. Vereinsgeschäftsführer Ulrich Wecker nimmt erneut das Rathaus aufs Korn.

Stuttgart - Der Stuttgarter Haus- und Grundbesitzerverein lässt nicht locker bei seiner Kritik am städtischen Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität. Der Geschäftsführer Ulrich Wecker hat jetzt noch einmal nachgelegt, nachdem die Stadtverwaltung seine Kritik am Ausbau der Lade-Infrastruktur für Elektromobile zurückgewiesen hatte.

 

Die Zahl der öffentlichen Strom-Zapfsäulen bis Ende 2022 von gut 500 auf 1000 zu steigern, sei zwar ein ambitioniertes Ziel – aber dennoch unzureichend, sagte Wecker, nachdem die Verwaltung allerdings von 1000 Ladepunkten und nicht von so vielen Ladesäulen gesprochen hatte. Wecker verwies darauf, dass in Stuttgart rund 50 000 Anwohnerparkausweise ausgegeben seien und die Fahrzeuge im öffentlichen Raum abgestellt würden, weil es keine zu den Wohnungen gehörende Stellplätze gebe. Für die Elektrofahrzeuge unter diesen Automobilen könne nur die öffentliche Hand Lademöglichkeiten schaffen. Dafür stehe sie in der Verantwortung.

Tausende von Ladepunkten würden gebraucht

In einer Pressemitteilung erklärte Wecker: „Wenn auch nur zehn Prozent der gemanagten Anwohnerstellplätze einen Ladepunkt erhalten sollen, wären das 5000 E-Zapfsäulen im Straßenraum. Und davon ist die Landeshauptstadt meilenweit entfernt.“ Es sei daher „nicht annähernd erkennbar“, wie in Stuttgart die Wende zur E-Mobilität gelingen solle. Dabei sei in Stuttgart derzeit schon fast jeder dritte neu zugelassene Pkw ein Stromer.

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Wecker begrüßte die Ankündigung der Verwaltung, im November dem Gemeinderat einen Entwurf für ein „Förderprogramm privates Laden“ vorlegen zu wollen. Es sei schön, sagte er, dass die Stadt nun handlungswillig sei, doch einen entsprechenden Vorschlag von Haus und Grund Stuttgart habe sie im März 2019 nicht ausgegriffen. Sie habe Zeit vertrödelt.

Erneute Kritik am Verwaltungshandeln

Auch die Reaktion der Verwaltung auf die jüngste Kritik gefiel Wecker nicht. Der Vereinsgeschäftsführer meint die Haltung der Verwaltung zur Anregung, die Lichtmasten mit Ladeboxen auszustatten. Solche Ansätze in vielen Städten nur mit Interesse zu beobachten und die Schwierigkeiten zu betonen, ist Wecker zu wenig. Er sagte, es mache ihn fast sprachlos zu sehen wie die Stadtverwaltung innovative Vorschläge belächele, wie sie sich von der Entwicklung treiben und konzeptionelle Kraft vermissen lasse.

Aufgeregt hat sich Wecker auch über die Behauptung der Verwaltung, dass seine Kritik verfehlt sei und er es besser wissen müsste, weil man im Austausch miteinander sei. Der Geschäftsführer dazu: „Es gab zu der Thematik keinerlei Austausch mit dem Haus- und Grundbesitzerverein, dessen Mitglieder immerhin rund 70 000 Wohnungen zur Verfügung stellen und ein zunehmendes Interesse an wohnungsnaher Lade-Infrastruktur haben“ – gerade auch in der dicht besiedelten City mit Vorkriegsbebauung ohne zugehörige Stellplätze. Der Hinweis auf den angeblichen Austausch sei eine „Irreführung“.

Leserschaft besorgt über Stolperfallen

Die Diskussion um Ladeboxen an Lichtmasten beschäftigt auch unsere Leserschaft und löste dort eine warnende Stimme aus. Grund: Damit vermeide man möglicherweise nicht, dass Ladekabel quer über Gehwege gelegt werden, wie es Autobesitzer immer häufiger zwischen ihrer Wohnung und ihrem Wagen am Straßenrand praktizieren. Lichtmasten stünden häufig am Gehwegrand zu den Häusern hin, nicht am Gehwegrand zur Straße hin, merkte unser Leser Roland G. an. Ladekabel von der Laterne über den Gehweg wären für ihn und seine Frau, die auf den Rollstuhl angewiesen sei, „der blanke Horror“. Rollator-Nutzern empfänden sicherlich ebenso.

Die Abdeckung der Kabel würde das wahrscheinlich kaum besser machen, weil dadurch auch eine Erhöhung und eine Stolperfalle auf dem Gehweg entstehen könnte.