Am Donnerstagmorgen ist die Besetzung des Hauses an der Forststraße 140 vorbei. Vertreter der Stadt und der Polizei kommen und räumen es. Die Stadt hat dafür auf eine Regelung des Polizeigesetzes zurückgegriffen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Über den Dächern surren Drohnen, an der Forststraße stehen insgesamt rund 100 Polizeibeamte. Die Hausbesetzung an der Forststraße ist vorbei. Die Stadt lässt das Haus Nummer 140 räumen. Mit der Hilfe eines Schlüsseldienstes gehen Vertreter des Ordnungsamtes und Polizisten in das Haus. Fünf Personen treffen sie an.

 

Die Räumung kommt überraschend schnell. Denn nach einem gescheiterten Gespräch zwischen den Eigentümern des Hauses und den Besetzern am Dienstag dieser Woche hatte niemand damit gerechnet, dass nur zwei Tage später die Zeit der Besetzung vorbei sein würde. Die Stadt handelte schnell. Sie erließ eine sogenannte Allgemeinverfügung. Zu diesem Mittel griff sie auf Grundlage des Polizeigesetzes: Demnach sei es Aufgabe der Stadt, Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen. Die Hausbesetzung sei ein Hausfriedensbruch und damit eine Straftat, die als eine solche Störung angesehen wurde. Die Allgemeinverfügung wurde angewendet, da der Stadt die Identitäten der Besetzer nicht bekannt gewesen seien, heißt es dazu in einer Mitteilung der Polizei.

Nachbarn stört die Sperrung der Forststraße

Für die Anwohner ist es ein Bild, dass erst mal Schlimmeres vermuten lässt: An den Durchgängen zu den Hinterhöfen stehen Polizisten. Der Straßenabschnitt ist oben und unten mit mehreren Fahrzeugen abgeriegelt. Als die Polizei anrückt, müssen Anwohner kurz warten. Ein Nachbar ist empört. „Man hat meine Frau nicht zur Arbeit gelassen, mit dem Hinweis, es bestehe die Gefahr, dass sie sich mit den Besetzern verbünde. Das ist doch absurd“, schimpft er. Offenbar ein Missverständnis, denn „wer ein berechtigtes Interesse hat, darf natürlich durchgehen“, sagt der Polizeisprecher Stefan Keilbach. Das normale Leben nimmt auch wieder seinen Gang, während vor dem Haus die Müllmänner der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) auf das Startsignal warten.

Dann kommt Bewegung in die Sache. Auf ein Zeichen aus dem Haus hin gehen die Mitarbeiter der AWS hinein, eine Stunde ist seit Beginn der Räumungsaktion verstrichen. Die Polizei hat alle fünf Besetzer, drei Männer und zwei Frauen, angetroffen und in einem Raum im Erdgeschoss zusammengerufen. Die AWS-Leute dürfen rein. Sie bringen Bierbänke, Stühle, Kleiderstangen, Wäschekörbe, Bücher und ein paar Topfpflanzen. Die Ladefläche des Transporters füllt sich. Schließlich kommen auch die Besetzer heraus, einer nach dem anderen, der erste kurz nach 9, der letzte gegen 10 Uhr. Vier von ihnen werden zur Polizei gebracht, um sie erkennungsdienstlich zu behandeln. Die Eigentümer haben sie wegen Hausfriedensbruchs angezeigt. Von einem hat die Polizei aufgrund vorausgegangener Begegnungen die Daten bereits. Er packt seine Sachen und geht seines Wegs, zu den Demonstranten hinter der Absperrung. „Wohnungsnot im ganzen Land! Uns’re Antwort: Widerstand!“ skandieren sie. Kurz nach zehn löst sich dann alles auf an der Forststraße. Doch die Aktivisten kommen wieder. Am Abend soll von 18 Uhr an im Westen eine Kundgebung stattfinden, verkündet das Bündnis „Leerstand beleben“ schon kurz nach Beginn der Räumung über seinen Whatsapp-Verteiler. Das wird nicht der letzte Beitrag zum Thema Wohnungsnot bleiben. „Die nächste Hausbesetzung kommt bestimmt“, meint der Stadtrat Tom Adler (SÖS/Linke-plus).