400 Millionen Euro umfasst der Etat der Region Stuttgart im Jahr 2023. Die Grünen in der Regionalversammlung lehnen den Haushalt überraschend ab.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Der Umfang ist groß, die Spielräume dabei sind aber vergleichsweise klein und es gibt noch einige Fragezeichen: Der Etat für 2023, den die Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart (VRS) am Mittwoch in seiner letzten Sitzung des Jahres gegen die Stimmen der Grünen und bei Enthaltung der Linken/Pirat verabschiedet hat, umfasst zwar rund 400 Millionen Euro. Doch der Großteil der Summe wird traditionell in den ÖPNV fließen. Schließlich ist der Verband Region Stuttgart für das S-Bahn-Netz in der Region zuständig und soll zudem einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrswende leisten.

 

Genau hier gibt es aktuell aber noch erheblichen Klärungsbedarf. Noch ist offen, welche Konsequenzen die Einführung des 49-Euro-Tickets auf die Tarifstruktur im Verkehrsverbund Stuttgart haben wird und ob sich daraus zusätzliche Kosten ergeben werden. Der FDP-Fraktionschef Kai Buschmann bemängelt, dass noch offen ist, wann das Ticket eingeführt wird und dass jetzt zunächst die VVS-Preise erneut steigen werden. Buschmann: „Inzwischen kommen nicht nur die Züge zu spät, sondern sogar die Tickets.“

Pünktlichkeit und Sauberkeit bleiben ein zentrales ÖPNV-Problem

Sicher ist aber beispielsweise, dass erstmals im Etat 4,4 Millionen Euro Zinsen für jene 58 S-Bahn-Züge anfallen werden, die die Region im vergangenen Jahr gekauft hat und die nun im Lauf der kommenden Monate in Betrieb genommen werden. Sie sollen zur Verbesserung des Angebots beitragen. Und auch die Bemühungen, die S-Bahn aus der Schusslinie vieler Kritiker zu holen, die mangelnde Pünktlichkeit, Sicherheit und Sauberkeit beanstanden, sollen verstärkt werden.

Aber auch andere Projekte – etwa zur Künstlichen Intelligenz (KI) oder zur Modellregion Grüner Wasserstoff, die die Regionalversammlung bereits in den Vorjahren auf den Weg gebracht hat und die nun weiterentwickelt werden sollen, binden erhebliche Mittel und verkleinern die Spielräume für die Verwirklichung neuer Projekte. Entsprechend wenige mit hohem finanziellen Aufwand verbundene Änderungsanträge haben die Regionalfraktionen in diesem Jahr gestellt. Allerdings bewilligte das Gremium 11 9000 Euro zusätzlich, damit die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart ihr internationales Standortmarketing zur Gewinnung von Fachkräften bis ins amerikanische Silicon Valley ausdehnen kann. Im Mittelpunkt standen vielmehr nicht oder nur gering dotierte Forderungen, etwa, sich verstärkt für bezahlbaren Wohnraum – etwa im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA 27 – einzusetzen. Auf dem Weg zur klimaneutralen Region soll der VRS zudem die Städte und Gemeinden mit Rat und Tat begleiten. Dabei könnte der Böblinger Klimaatlas, der passgenau für jede Kommune Maßnahmenkataloge entwickelt hat, als Beispiel dienen.

Streit um Ökostrom für die S-Bahnen

Der Grund für die überraschende Ablehnung des Haushalts durch die Grünen ist ebenfalls im Verkehrsbereich zu suchen. Der Fraktionschef André Reichel, hatte die Zustimmung der Grünen-Fraktion zum Gesamtpaket von einem Ja des Gremiums zu einem Antrag seiner Fraktion abhängig gemacht. Nachdem die Grünen mit ihrem Vorstoß, den Strombedarf für die S-Bahn mit erneuerbaren Energien decken zu wollen, gescheitert waren, hatte die Fraktion einen zuvor ebenfalls gescheiterten Verwaltungsvorschlag zur Abstimmung gestellt: Man möge 50 000 Euro in die Hand nehmen, um rechtlich zu klären, inwieweit der Strombedarf der S-Bahn durch Investitionen des VRS in erneuerbare Energien gedeckt oder kompensiert werden könne. Die bürgerlichen Parteien hatten diesen Vorstoß abgelehnt, weil die Bahn als Betreiber des S-Bahn-Netzes schon jetzt zu 62 Prozent erneuerbaren Strom nutze und diesen Wert bis 2040 auf 100 Prozent steigern wolle. Angesichts dieser Zusage müsse man nicht selber aktiv werden.