Inhaltlich hat die erste Lesung des Stuttgarter Haushalts bisher noch nicht viel erbracht. Atmosphärisch dagegen geben die Etatberatungen schon mal einen Vorgeschmack auf den bevorstehenden Kommunalwahlkampf.

Stuttgart - Die erste Lesung des Doppelhaushalts 2014/2015 ist noch gar nicht beendet, da zeichnet sich bereits ab: die laufenden Etatberatungen geben auch einen Vorgeschmack auf die Kommunalwahl am 25. Mai kommenden Jahres. Das bürgerliche Lager aus CDU, Freien Wählern und FDP lässt jedenfalls nichts unversucht, den grünen Oberbürgermeister Fritz Kuhn und die ökosoziale Mehrheit im Rathaus in die Defensive zu bringen. Vor allem für die Christdemokraten unter Fraktionschef Alexander Kotz sind die nichtöffentlichen Diskussionen der Stadträte auch ein Vehikel, um sich in eine gute Ausgangslage für den bevorstehenden Urnengang zu bringen.

 

CDU-Fraktionschef gibt den Oppositionsführer

Inhaltlich hat sich bei den Beratungen bisher noch nicht viel bewegt. Bis auf wenige Ausnahmen sind es – verglichen mit dem milliardenschweren Gesamthaushalt – bisher eher kleinere Beträge, auf die sich die Fraktionen mehrheitlich oder gar einstimmig verständigen konnten. So gibt es etwa für das Nachmittagsangebot an Sonderschulen 134 000 Euro pro Jahr, die Förderung junger Talente im Sportbereich wird mit 80.000 Euro per annum bezuschusst, und das Projekt Kultur für alle bekommt jährlich 25 000 Euro aus dem Stadtsäckel. Nicht zu vergessen die Katzenhilfe, die ebenfalls mit 40 000 Euro pro Jahr rechnen darf. Doch bei den großen Themen Umwelt, Verkehr oder Wohnen werden die unterschiedlichen politischen Positionen deutlich: „Das sind immer die gleichen Zuckungen – da ist auch viel Ideologie im Spiel“, sagt ein Stadtrat aus dem bürgerlichen Lager und meint damit nicht nur die CDU, sondern auch die Mehrheit aus Grünen, SPD und SÖS/Linke.

Obwohl es im Gemeinderat eigentlich keine Opposition gibt, gefällt sich vor allem der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz ein ums andere Mal in der Rolle des „Oppositionsführers“ und nimmt dabei nicht etwa die Grünen-Fraktion, sondern den OB aufs Korn. Dass sich Kotz und Kuhn nicht besonders grün sind, werde auch in den Etatberatungen an vielen Stellen deutlich, heißt es aus Teilnehmerkreisen. Schon auf dem jüngsten Listenparteitag der Kreis-CDU hatte Kotz den Anspruch untermauert, dass Stuttgart dringend wieder eine „bürgerlich gestaltende Mehrheit“ brauche, und zugleich dem Rathauschef attestiert, er habe in seiner bisherigen zehnmonatigen Amtszeit keine eigenen Akzente gesetzt, sondern lediglich Themen vorangetrieben, die bereits von seinem Amtsvorgänger, dem CDU-Rathauschef Wolfgang Schuster, entwickelt worden seien. Kein Zweifel: der Fraktionschef hat die Kommunalwahl fest im Blick.

Auf StZ-Anfrage gab sich Kotz mit Blick auf sein Verhältnis zum Rathauschef zurückhaltend – und fand diesmal sogar lobende Worte für Fritz Kuhn, der anders als sein Vorgänger schon während der ersten Runden der Haushaltsberatungen stark präsent gewesen sei. Gleichwohl entspreche es der Dramaturgie von Haushaltsberatungen, dass die „Intensität der Diskussion zunimmt“, je höher die aufgerufenen Summen ausfallen. Wenn also am 25. November im Verwaltungsausschuss um Investitionsmaßnahmen wie etwa den Neubau der Rathausgarage, die Rasenheizung für das Gazi-Stadion oder den zentralen Platz vor der Sportanlage auf der Waldau gerungen wird, dürfte der Ton wieder schärfer werden.

Zustimmung der CDU zum Doppelhaushalt noch offen

Allerdings ist der grüne Rathauschef in dieser Hinsicht auch kein Kind von Traurigkeit. „Wenn er es für opportun hält, dann teilt er auch kräftig aus“, schildern CDU-Stadträte ihre Erfahrungen mit dem OB. Gleichwohl ist der Konfrontationskurs ihres Fraktionschefs in den eigenen Reihen nicht unumstritten. „Es geht darum, einen ordentlichen Haushalt auf die Beine zu stellen und nicht um persönliche Befindlichkeiten“, heißt es. Doch ob die CDU dem Etat am Ende zustimmt, ist noch offen: „Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt nichts ausschließen“, sagt Kotz. Klar sei lediglich, dass man den Haushalt auf keinen Fall „aus wahltaktischen Gründen“ ablehnen werde. Zur Erinnerung: 2009, nach dem Sieg der Grünen bei der Kommunalwahl, hatte der von der CDU dominierte bürgerliche Block den Doppeletat 2010/2011 wegen der seiner Ansicht nach unverhältnismäßigen Grundsteuererhöhung die Zustimmung versagt. Ob es diesmal zu einem ähnlichen Showdown kommt, wird sich erst in der dritten Lesung kurz vor Weihnachten zeigen.