Fast jeden Tag warnt die Polizei irgendwo in Deutschland vor falschen Polizisten oder berichtet über reale Fälle. In Heidelberg wurde jetzt ein vermeintlicher Beamter zu einer mehrjährigen Haft verurteilt. Ob das Nachahmer abschreckt?

Heidelberg - Weil er nach Überzeugung des Landgerichts Heidelberg als falscher Polizist eine Frau um Schmuck und Geld im Wert von rund 300 000 Euro betrogen hat, muss ein 30 Jahre alter Mann in Haft. Wegen gewerbsmäßigen Betrugs in Tateinheit mit Amtsanmaßung verurteilten ihn die Richter am Montag zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Die Staatsanwaltschaft hatte fünfeinhalb Jahre gefordert, die Verteidigung wollte einen Freispruch erreichen (Az. 1 KLs 430 Js 5973/18).

 

Das Landgericht erkannte die Versuche von Zeugen, dem Angeklagten ein Alibi zu verschaffen, nicht an. „Mit dem Alibi hat es nichts auf sich“, betont der Vorsitzende Richter Christian Mühlhoff. Der Angeklagte hatte die Tat bestritten und angegeben, zur Tatzeit im Raum Hagen gewesen zu sein. Sein Anwalt Gerd Salzmann kündigt Revision an.

Warnschuss für Nachahmer

Das Gericht wollte nach Worten des Vorsitzenden Richters mit seiner Entscheidung auch eine Abschreckung erzielen. Quasi ein Warnschuss für alle, die gutgläubige Senioren als falsche Polizisten auf einfache Weise um ihr Vermögen bringen wollen.

Die Frau Mitte 60 hatte im Februar nach stundenlangen Telefonanrufen durch vermeintliche Oberkommissare Bargeld und Schmuck im Wert von 300 000 Euro dem falschen Polizisten gegeben, der die Wertsachen nach eigenen Worten für Ermittlungszwecke beschlagnahmen wollte. Sie tat dies, nachdem die Betrüger am Telefon einen bevorstehenden bewaffneten Einbruch angekündigt und versprochen hatten, ihre Wertsachen in Sicherheit zu bringen.

Die Sinsheimerin hatte in der Hauptverhandlung angegeben, den korpulenten Angeklagten mit Sicherheit als denjenigen zu erkennen, der ihr schließlich die Tasche mit ihrem Eigentum abgenommen hatte. „Es steht fest, dass er der Abholer war“, betont Staatsanwalt Fuchs. Der Angeklagte sei in eine Bande eingebunden gewesen. Auch die Große Strafkammer befand mit Blick auf die Geschädigte: „Sie hat für uns sehr hohen Beweiswert.“ Die Identifizierung des Angeklagten durch das Opfer zog der Verteidiger hingegen in Zweifel.

Opfer ist erleichtert nach Urteilsspruch

Seine Mutter habe erleichtert auf das Urteil reagiert, sagt der Sohn des Opfers. Sie freue sich, dass der Rechtsstaat noch funktioniere. Dennoch sei sie verängstigt und habe die Sicherheitsvorkehrungen an ihrem Haus weiter verstärkt. Aber auch das bringe keine 100-prozentige Sicherheit, fügt der Sohn hinzu. Denn die Täter kämen ja mittels des Telefons an ihre Beute - ohne überhaupt einbrechen zu müssen. Die Zeit der Scham darüber, den Betrügern geglaubt zu haben, sei vorbei. Dafür habe die Familie gesorgt. Sie habe ihr klar gemacht: Fehler sind menschlich. Oft melden sich Betroffene gar nicht an die Polizei aus Scham, Betrügern auf den Leim gegangen zu sein.

Deshalb dürfte die Zahl der Fälle des Falschen-Polizisten-Tricks weit über den offiziellen Angaben liegen. Demnach registrierte das Landeskriminalamt in Baden-Württemberg 1955 derartige Fälle im Jahr 2017, davon 1843 erfolglose Versuche. Der Schaden belief sich auf 5,3 Millionen Euro. Im Jahr 2016 waren es noch 225 Fälle, davon 182 Versuche; der Schaden lag bei knapp 1,4 Millionen Euro.

Der Angeklagte beschwor am Ende des Prozesses seine Unschuld im Sinsheimer Fall, entschuldigte sich aber für eine Tat zwei Tage danach in Magstadt bei Stuttgart. Dort war er auf frischer Tat ertappt worden, als er einen Senior um 45 000 Euro bringen wollte. Dafür muss er nach dem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Böblingen zwei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Seine Drogensucht sei stärker gewesen.