Wie ist es um die Integration von Migranten in die Gesellschaft bestellt und welche Herausforderungen gibt es auf beiden Seiten? Eine Gesprächsreihe in Stuttgart geht diesen Fragen nach.

Stuttgart - Wie ist es in Deutschland um die Integration von Migranten in die Gesellschaft bestellt? Und welche Schwierigkeiten bedeutet dieser Prozess für beide Seiten? Am Montag hat die Stadt Stuttgart zu einer Podiumsdiskussion über diese Fragen geladen. Die Veranstaltung ist Teil der Gesprächsreihe „Heimat Stuttgart – Gespräche zur gesellschaftlichen Integration.“ Mehr als 50 Bürger sind der Einladung in den großen Sitzungssaal gefolgt.

 

Für eine wissenschaftlich fundierte Diskussionsgrundlage sorgte die Konstanzer Soziologin Claudia Diehl. Sie ist Mitglied des unabhängigen Sachverständigenrats für Integration und Migration und forscht zu den Themen Integration und Diskriminierung von Migranten. Die Soziologin warb vor allem für Geduld: „Integration ist ein Projekt, das mehrere Generationen dauert.“ Das bedeutet: Oft sind die Kinder von Einwanderern besser in die deutsche Gesellschaft integriert als ihre Eltern, und deren Kinder sind wiederum besser integriert als ihre Eltern.

Bildungssystem hat größten Einfluss

Den größten Einfluss auf diesen Prozess hat der Soziologin zufolge das Bildungssystem. Das erklärte sie anhand türkischstämmiger Migranten in Deutschland – die größte Gruppe, und zugleich diejenige, welche mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen hat. „Das versuchen viele mit dem Islam, oder mit Diskriminierung gegenüber Türken zu erklären“, sagt sie. „Das erscheint mir aber beides nicht haltbar. Wir sollten lieber mal unser undurchlässiges Bildungssystem anschauen.“ Migranten aus der Türkei haben ihr zufolge häufig einen geringen Bildungsstand und kommen in Deutschland in ein System, „in dem niedrige Bildung häufig vererbt wird“.

Erfolgreiche Integration ist machbar

Diese Diagnose deckt sich mit dem Eindruck der restlichen Diskussionsteilnehmer, die auf dem Podium Platz genommen haben – jeder von ihnen mit einem anderen Migrationshintergrund. „Es geht in dieser Diskussion nicht um Migranten, sondern um das Bildungssystem“, bekräftigt Vittorio Lazaridis die Aussage von Claudia Diehl. Der ehemalige Schulrektor arbeitet derzeit im Kultusministerium. „Wie viele Nationalitäten in einer Schulklasse sind, ist zum Beispiel nicht so wichtig“, berichtet er. „Das ist eine Herausforderung für Lehrer, aber wichtiger ist die Frage: wie gut ist die Schule?“ Abaz Sabic arbeitet im Jobcenter in Stuttgart und ergänzt: „Das Elternhaus spielt eine ebenso große Rolle. Das sieht man selbst in der beruflichen Bildung noch. Der Leistungsdruck gerade bei Migranten ist sehr hoch.“ Und Mosab Tato, der im internationalen Ausschuss des Gemeinderates sitzt, wünscht sich mehr Vorbilder mit Migrationshintergrund in öffentlichen Positionen.

Am Ende sind alle zuversichtlich, dass erfolgreiche Integration aller Migranten gelingen kann. „Die Herkunft spielt eigentlich keine Rolle – alle haben die gleichen Probleme“, sagt Abaz Sabic. „Wenn künftig alle an einem Strang ziehen, kann man die lösen.“