Heiraten ist 2020 nicht gerade ein Vergnügen. Die meisten verschieben deshalb ihre Sause. Mit welchen Folgen? Eine Hochzeitsplanerin und eine Brautkleidverkäuferin erzählen.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Filderstadt/Leinfelden-Echterdingen - Corona ist dafür bekannt, Pläne zu durchkreuzen. Das gilt auch für die Pläne von Liebespaaren, die sich dieses Jahr – am liebsten in den Monaten ohne R – eigentlich das Ja-Wort geben wollten. Und das sind in diesem Jahr just vor allem die Monate, in denen Corona zum Alltag wurde. Wobei die meisten Paare offenbar dabei bleiben wollen, Mann und Frau zu werden. Das Standesamt in Leinfelden-Echterdingen jedenfalls verbucht keine allzu großen Verschiebungen, wie der Ordnungsamtsleiter Gerd Maier mitteilt. In Filderstadt sind die Zahlen im April und Mai leicht rückläufig. „Einige Verschiebungen erfolgten jedoch nur um einige Monate“, sagt der Ordnungsamtsleiter Jan-Stefan Blessing.

 

Anfangs sei man noch kulant gewesen

Verschiebungen gehören indes neuerdings zum Portfolio der Hochzeitsplanerin Josina Kaiser aus Filderstadt. Denn viele Paare haben beim großen Fest umdisponiert, zu unsicher die Aussichten fürs restliche Corona-Jahr. Wer früh die Notbremse gezogen hat, hatte noch gute Chancen, die Sause genau so, wie sie geplant war, ins kommende Jahr zu verlegen. Anfangs seien die Dienstleister kulant gewesen, sagt Josina Kaiser. Inzwischen seien die Regeln strenger. Wer sein Hochzeitsfest auf 2021 verschieben will, muss meist in saure Äpfel beißen. Entweder Stornogebühren, oder das Fest muss an unbeliebteren Wochentagen steigen.

Wer eine Hochzeitslocation anbietet, der weiß in normalen Jahren: Die Samstage von Mai bis August sind eine sichere Bank. Und weil sie oft weit im Voraus gebucht werden, gilt dies mutmaßlich auch noch fürs Jahr 2021. Es sind schlicht nur noch Randtermine frei. Mit diesen Themen hat Josina Kaiser als Hochzeitsplanerin in diesem Corona-Jahr viel zu tun. Sie versteht, warum „ihren“ Paaren nicht zum Feiern zumute ist. Zwar sei es wieder möglich, in einem größeren Rahmen zu heiraten, „aber die Voraussetzungen passen einfach nicht zu einer Hochzeit“, sagt die Weddingplanerin. Bei diesen Festen wolle man sich herzen, drücken, miteinander tanzen. Mit Abstandhalten habe Heiraten wenig zu tun.

Gibt es aktuell weniger Heiratsanträge?

Langweilig ist Josina Kaiser zurzeit nicht, doch die Neuanfragen seien drastisch eingebrochen, sagt die Filderstädterin. Seit März kam nichts mehr rein. Normalerweise bekommt sie ab Januar Anfragen, es war Weihnachten, Silvester, man hat sich verlobt. Sie hilft den Paaren dann in ganz unterschiedlichem Umfang. Manche buchen das Komplettprogramm, DJ, Fotograf, Einladungen, und so weiter, Josina Kaiser ist dann auch auf der Feier und hält die Fäden im Hintergrund in der Hand. Manche suchen nur eine Location, andere wollen Tipps für eine Planung auf eigene Faust. Doch seit Corona: Ebbe. Josina Kaiser könnte sich vorstellen, dass es gerade weniger Heiratsanträge gibt.

Dass sich die Hochzeiten im nächsten Jahr ballen, vermutet die Weddingplanerin schon. „Es wird sicher ein hochzeitsreiches Jahr“, sagt sie. Ob es dann zu Terminstaus kommt, vermag sie nicht zu sagen, aber sie hat eine Hoffnung: „Vielleicht gehen die Paare dann endlich auch auf den Winter.“ Josina Kaiser erzählt zudem, dass die Dienstleiter sehr findig und flexibel seien. So seien schon bald Karten gedruckt worden mit „Change the Date“.

Mit Mundschutz ins Standesamt

Eine Dienstleisterin ist Melanie Schweizer. In Stetten verkauft sie Brautkleider – die meisten aus zweiter Hand. Sie hat inzwischen zwei Standorte, und diese könne sie trotz Corona weiter halten, sagt sie. Langsam ziehe das Geschäft wieder an. „Ich bin total ausgebucht diese Woche“, sagt sie. Sie wisse von einigen Hochzeiten, die trotz Corona stattfänden.

Ihr Alltag habe sich schon verändert, sagt Melanie Schweizer. Nicht nur, dass die Braut und ihre Entourage jetzt Mundschutz tragen müssten. Jetzt gebe es Anproben auch nur noch nach Termin. „Die Mädels sind aber entspannter, wenn sie keinen Termin haben.“ Ungezwungener.

Masken passend zum Brautkleid hat Melanie Schweizer übrigens keine im Sortiment. Doch wer auf dem Standesamt in L.-E. oder Filderstadt heiratet, braucht aktuell einen Mund-Nase-Schutz, zumindest zeitweise. Nämlich für den Weg vom Eingang bis sie auf ihren Stühlen im Trauzimmer sitzen, genauso auf dem Rückweg.