Die selbst vor mehr als zehn Jahren an einer Form von Demenz erkrankte Helga Rohra will Betroffenen und Angehörigen Mut machen, mit Gedächtnislücken und anderen Einschränkungen zu leben.

Degerloch - Helga Rohra ist kein Kind von Traurigkeit. Obwohl die heute 66-Jährige vor mehr als zehn Jahren die Diagnose Levy-Body-Demenz erhielt, geht die einst als Dolmetscherin tätige Wahl-Münchnerin frohgemut durchs Leben – trotz mancher Gedächtnislücken.

 

An ihrer ungebrochenen Energie will die Demenzaktivistin am Donnerstag, 16. Mai, von 19.30 Uhr an im Café 66 möglichst viele Menschen in Degerloch teilhaben lassen. Auf Einladung des Degerlocher Frauenkreises wird sie im Helene-Pfleiderer-Haus ihr Buch „Ja zum Leben trotz Demenz“ vorstellen – und von ihren Erfahrungen berichten, die sie in der Folge ihrer Erkrankung gemacht hat.

Auf ihre Demenz war Rohra aufmerksam geworden, weil sie beim Dolmetschen mit Fokus auf medizinische Themen immer öfter Fachbegriffe nicht mehr wusste. „Doch es kann ja nicht sein, dass man einfach die Wörter vergisst, als ob man sie nie gelernt hätte“, sagt Rohra. Plötzlich konnte sie am Computer auch Wörter „in Form von zusammengesetzten Buchstaben nicht mehr umsetzen“ und verlor „auf einen Schlag die Orientierung“.

Erste Diagnose: Burnout

Der erste Neurologe vermutete einen Burnout, doch Rohra glaubte nicht daran. Sie ging in die Münchner Memory-Ambulanz und erfuhr, dass sie unter einer Form der Demenz leidet und fortan verstärkt mit Erinnerungslücken umgehen muss.

„Wenn man alt ist, hat man ein Recht auf Vergessen“, sagt Rohra. Mit Mitte 50 könne die Diagnose Demenz aber Angst machen. Ihr Rezept dagegen: aktiv sein, am Leben teilnehmen, Gedanken, dass es nur noch schlechter wird, nicht einfach hinnehmen. Dass es, wie in Degerloch, zunehmend Angebote für Betroffene und Angehörige gibt, findet Rohra klasse. Hierzulande müsse sich noch viel von der Basis her tun. Konzepte, die übergestülpt würden, hält sie für fragwürdig.

Es gibt gute Beispiele für die Inklusion dementer Menschen

Rohra bedauert, dass meist etwas für Menschen mit Demenz gemacht wird, „und nicht mit ihnen“. Inklusion sehe anders aus. Dass es anders geht, sehe man in Schottland, Irland oder England. Selbst in Rumänien oder Slowenien seien die Angebote für Betroffene besser als hierzulande. Unter anderem mit „Forget me not“-Cafés, in denen Menschen mit Demenz mitarbeiteten.

Auch müsse man sich über neue Wohnformen Gedanken machen. Anfang dieser Woche war Rohra in der Schweiz auf dem Hofgut Obergrüt. Dort wohnen und arbeiten Menschen mit Demenz. „Das ist einfach genial“, so Rohra.

Sie wünscht sich auch mehr Kooperationen mit Vereinen. Es gebe noch zu wenig Betroffene, „die mutig und aktiv sind“, stellt sie fest. Dabei sei es wichtig, mit den an der Erkrankung Leidenden für ihre Sache zu kämpfen. „Denn es gibt ein Leben trotz Demenz“, sagt sie. Dieses müsse keineswegs schlecht sein, wie sie im Helene-Pfleiderer-Haus deutlich machen will.