Im Neuen Schloss in Stuttgart hat Henning Mankell seinen neuen Roman vorgestellt – und Geheimnisse preisgegeben.

Stuttgart - Vor wem soll man sich tiefer verbeugen? Vor Henning Mankell oder vor Denis Scheck? Vor dem Schriftsteller oder dem Moderator?

 

Zusammen sind beide Herren im Neuen Schloss in Stuttgart aufgetreten, um informativ und amüsant, mithin sehr kurzweilig, über die „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“ zu reden, den neuesten Roman des schwedischen Bestsellerautors. Und natürlich fällt die größere Ehre ihm zu, Mankell, der sich auf dem vom Kronleuchter bestrahlten Podium als begnadeter Unterhalter erwiesen hat. Aber auch Scheck wirkte an diesem nur zur Hälfte ausverkauften Abend ein wenig begnadet, so kundig und schlagfertig, wie er den Dichter befragte und ausfragte – und derart hörte man gar eine kleine Sensation, sofern man ein Freund der Wallander-Krimis von Mankell ist: Im kommenden Herbst wird ein neues Buch mit dem Schweden-Kommissar erscheinen.

Nun ja, ganz neu wird der Fall, den der verschlossene Kriminaler da zu lösen hat, nicht sein. „Den Roman habe ich schon vor zwanzig Jahren geschrieben, er ist damals aber nur in einem einzigen Land veröffentlicht worden“, sagte Mankell. Bei der Neuauflage werde der dann elfte Wallander mit einem ausführlichen Register versehen, das auch jene 900 Personen aufliste, die in seinen vorigen zehn Wallender-Krimis eine Rolle gespielt haben.

Der beste Roman ist Robinson Crusoe

Eigentlich wollte Mankell vor drei Jahren, 2009, seine international erfolgreiche und vielfach verfilmte Krimireihe beenden. Definitiv. Nun aber kommt doch der Abschied vom Abschied, was auch die Sprecherin des Hanser-Verlags auf Anfrage bestätigte: Es wird eine Wallander-Fortsetzung in Form eines Kurzromans geben, der allerdings noch ohne Titel ist.

Zurück zum „Schmutzigen Engel“ – und zurück nach Mosambik, wo diese abenteuerliche Geschichte einer schwedischen Bordellbesitzerin angesiedelt ist. Nicht Mankell selbst hat in Stuttgart daraus gelesen, sondern der Schauspieler Klaus Hemmerle, dessen Vortrag das Publikum souverän über die durchaus vorhandenen Schwächen des Breitwand-Romans hinweggetragen hat. Mankell indes bewies seine Souveränität, indem er mal anekdotisch plaudernd, mal eindringlich mahnend dem Publikum die Augen für sein dichterisches Werk öffnete – und für das Leben, das ihn zum Dichter gemacht hat.

Es war die Großmutter, die den kleinen Henning zum Schreiben und Lesen animiert hat. Mit sechs schloss er sich auf der Toilette ein, um auf einer einzigen Seite den ganzen „Robinson Crusoe“ nachzuerzählen – eine literarische Initiation, weshalb Mankell noch heute seine „Fingerkuppe dafür geben würde, diese Seite wiederzubekommen“. Überhaupt hält er den Roman von Daniel Defoe für den besten der Welt, denn der Clou sei: „Robinson ist nicht allein auf der Insel. Noch bevor Freitag auftaucht, ist einer ja schon längst da: der Leser. Der Leser begleitet Robinson auf Schritt und Tritt!“ Und auf solche poetologischen Einlassungen folgten auch noch biografische, wozu man freilich wissen muss, dass Mankells Schwiegervater der mittlerweile verstorbene Film- und Theaterregisseur Ingmar Bergman war.

Worüber sie denn miteinander geredet hätten, wollte Denis Scheck wissen. „Über Musik. Vor allem über Musik“, erwiderte Henning Mankell, „es gibt keine andere Kunstform, in der ich mich und meine Seele so wiederfinde wie in der Musik.“