Das Gemüse ist aus der heutigen Küche nicht mehr wegzudenken: Rund um Halloween taucht Kürbis in allen möglichen Gerichten auf. Der Fellbacher Landwirt Bauerle baut 34 verschiedene Sorten an. Und in der Tin Tin Bar werden Drinks daraus gemacht.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Stuttgart - US-Amerikaner waren einmal mehr der Auslöser: In der Tin-Tin-Bar an der Neuen Weinsteige werden im Herbst Drinks mit Kürbis serviert. Grusel-Fusel und Ginger-Pump heißen die Mixturen. „Wir haben viele Gäste aus den USA, und für sie spielt Halloween und Erntedank eine große Rolle“, erklärt Benji Blomenhofer das Gemüse im Glas. Auch auf den meisten Speisekarten der Restaurants ist der Kürbis ein Dauerbrenner. Die Ernte fällt gut aus: „Dieses Jahr war alles schlecht, außer Kürbisse“, berichtet der Landwirt Phillip Bauerle vom Schmidener Feld. Er baut 34 Sorten davon an. Sabine Brand-Lässig vom gleichnamigen Restaurant im Stuttgarter Osten schwärmt von der Vielseitigkeit des Gemüses. „An Weihnachten kann ich es allerdings nicht mehr sehen“, räumt sie lachend ein.

 

In Deutschland war der Kürbis eine Weile in Vergessenheit geraten

Seit mehr als 500 Jahren soll der Kürbis in Europa heimisch sein. Manche behaupten, Kolumbus habe ihn aus Kuba mitgebracht. Aber irgendwann geriet er zumindest in Deutschland in Vergessenheit. Dass er als Tierfutter angebaut wurde, daran kann sich Phillip Bauerle noch erinnern. Mit Zierkürbissen für Dekorationszwecke stieg seine Familie in die Produktion ein, „dass Kürbis gegessen wird, ist relativ neu“, sagt er. Seit zehn Jahren gedeiht das Gemüse, das eigentlich eine Frucht ist, bei Fellbach auf fünf Hektar als Zwischenkultur auf Erdbeer- oder Spargelfeldern. In guten Jahren wie diesem liegt der Ertrag bei rund 50 Tonnen. Weil sie ordentlich Wasser bekommen haben, sind die Kürbisse schön groß geworden.

Der Hokkaido ist der Allrounder

Die beliebteste Sorte ist bei Phillip Bauerle der schön orangene Hokkaido, weil er sich für fast jedes Rezept eignet. Immer mehr im Kommen sei der eher nussige Butternut-Kürbis, seit vier Jahren hat er den Spaghetti-Kürbis im Programm, der nach dem Erhitzen in der Mikrowelle wie die Nudeln aussieht. Fast ausverkauft ist bereits die Sorte Blue Ballet mit leuchtend gelbem Fruchtfleisch und ausgeprägten Maroni-Noten. Gelber Zentner oder Langer von Nizza sind bei Phillip Bauerle die spannend klingenden Namen von weiteren Sorten. „Sie schmecken alle unterschiedlich“, erklärt er. Für den Landwirt ist der Kürbis zu einem interessanten Produkt geworden: Es braucht keinen Dünger und keinen Pflanzenschutz, lässt sich lange lagern und als Dekoobjekt oder gesunde Marktfrucht verkaufen.

Knödel, Lasagne oder Suppe – der Kürbis ist vielseitig

Aus ihrer Kindheit kennt Sabine Brand-Lässig Kürbis nur in einer Form: süß-sauer eingelegt. So machte es die aus dem Sudetenland stammende Großmutter, und keiner außer ihr hat es gegessen. „Ich fand es schrecklich“, erzählt die Köchin, die vor zehn Jahren das Bio-Restaurant gegründet hat. Seither steht Kürbis regelmäßig auf der Karte – diese Woche als Lasagne, natürlich oft als Suppe, als Kürbisknödel mit den Kernen, Ofengemüse oder Curry. „Es gibt Rezepte ohne Ende“, sagt sie. Kürbis sei wegen seiner Vielseitigkeit, weil er optisch etwas hergebe, den Herbst verkörpere und zudem günstig sei, bei Köchen so beliebt. „Er gleicht sich jeder Küche an“, findet Sabine Brand-Lässig.

Kaum ein Restaurant verzichtet auf den Kürbis

Kaum ein Kollege verzichtet auf die Frucht. Im Schickimickilokal Ritzi wird sie als Crèmesuppe mit hausgebeiztem schottischem Lachs, Salzzitronenchutney und Kürbiskernöl (14 Euro) oder geschmort mit sautierten Pfifferlingen, Ingwer und Eisenkrautschaum für 28 Euro serviert. Die Kürbissuppe mit Ingwer gehört fast überall zum Standard. Im Goldenen Adler wird außerdem Kürbispüree zur Entenbrust mit Brokkoli und Polenta (26 Euro) gereicht, in der Alten Kanzlei gibt es Kürbiskuchen mit Spinat, Schafskäse, Tomaten und Kräutercreme (11,50 Euro). Im Breuninger-Restaurant Karls Kitchen steht die Frucht gerade im Fokus – in der Pumpkin Bowl über ein Nudelgericht bis hin zur Ochsenbacke mit Kürbisbrei.

Kürbis aus dem Glas

In der Tin-Tin-Bar wurde aus dem Kürbis ein Cordial gemacht, eine Art Sirup. Für den Grusel-Fusel wird noch der eigene Tin-Gin dazugegeben, Himbeersirup, Angostura und Zitrone. Der Ginger Pump ist ein würzig-kräftiger Whisky Sour mit Kürbis-Cordial, selbst gemachtem Ingwerlikör, Bitterorange und Pumpkin Spice, das zur Hälfte aus Zimt sowie Muskatnuss, Nelke, Ingwer und Piment besteht. „Seit Bestehen der Bar arbeiten wir mit Zutaten aus der Küche“, sagt Benji Blomenhofer, „wenn wir etwas sehen, machen wir etwas daraus.“

Je nach Saison wird das Angebot angepasst, im Frühjahr stand beispielsweise Melissen Dissen, ein Gin Sour mit Zitronenmelisse, auf der Karte. Im Herbst ist dann der Kürbis einfach nicht mehr zu übersehen.