Der Verkehrsminister nimmt die Strecke in das Elektrifizierungskonzept des Landes auf.

Stuttgart - Auf den alten Schwarzwaldbahn-Gleisen zwischen Calw und Weil der Stadt wird womöglich doch niemals ein Dieselzug fahren. Das geht aus dem großen Elektrifizierungskonzept des Landes hervor, das Verkehrsminister Winfried Hermann am Freitag vorgestellt hat.

 

In drei Stufen will Hermann das komplette Schienennetz in Baden-Württemberg mit elektrischen Oberleitungen versehen. Die Hermann-Hesse-Bahn taucht in dem Konzept in Stufe 2 auf. „Projekte der Stufe 2 wollen wir bis 2025 angehen und zumindest teilweise auch realisieren“, sagte der Verkehrsminister vor Journalisten.

Stufenkonzept könnte wackeln

Spätestens seit dem Jahr 2015 war klar, dass das Projekt Hermann-Hesse-Bahn nicht dauerhaft mit einem Dieselzug betrieben wird. Damals einigten sich alle Beteiligten unter der Moderation des Verkehrsministeriums auf das sogenannte „Stufenkonzept“. Der Dieselzug soll zunächst einmal zwischen Calw und Renningen pendeln. Die zweite, sich anschließende Ausbaustufe sah dann entweder Brennstoffzellenfahrzeuge vor – oder die „Elektrifizierung der Strecke und Verlängerung der S-Bahn-Linie 6“.

Mit den Plänen vom Freitag legt der Verkehrsminister nun erstmals einen konkreten, zeitlichen Korridor für die Elektrifizierung der Calwer Strecke vor. Lohnt sich da überhaupt noch die Anschaffung eines Dieselzugs? „Je länger sich das Projekt verzögert“, so formulierte es der Minister am Freitag auf Nachfrage, „desto kürzer wird die Stufe 1.“ Seine Schlussfolgerung: „Da muss man sich natürlich schon die Frage stellen, ob wir nicht auf diese Stufe 1 verzichten.“ Darüber denke sein Ministerium nach, gab Winfried Hermann bekannt, schließlich sei man ja „auch nicht dumm“.

Wenn die Strecke nach Calw sofort elektrifiziert wird, wären viele Investitionen überhaupt nicht notwendig. Zum Beispiel könnte sich der Investor, der Landkreis Calw, den etwa zwei Millionen Euro teuren Umbau des Renninger Bahnhofs sparen. Daher drängen die Verkehrspolitiker vor Ort, etwa der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt, seit Langem darauf, sofort in die Planung der S-Bahn-Verlängerung einzusteigen und auf eine dieselbetriebene Hesse-Bahn zu verzichten.

Fledermäuse verzögern

Dass sich das Projekt immer weiter verzögert, das bedauert der Verkehrsminister Winfried Hermann. „Ginge es nach dem Calwer Landrat und mir, würde die Bahn schon längst fahren“, sagte er am Freitag. Verantwortlich seien aber die Fledermäuse in den 100 Jahre alten Tunneln. Seine Fachleute tüfteln daher gerade an der Tunnel-in-Tunnel-Lösung. Wie berichtet, hatte das Ministerium und der Landkreis Calw sich mit dem Naturschutzbund Nabu darauf geeinigt, in die alten Tunnels eine Wand einzuziehen, damit die Fledermäuse von den Zügen nicht gestört werden. Nachdem ein erster Versuch hierfür nicht gelungen ist, wird es im Herbst einen zweiten Versuch geben, kündigt der Minister an. „Wenn wir es nicht schaffen, nachzuweisen, dass die Bahn für die Fledermäuse nicht schädlich ist, dann wird der Nabu die Bahn verhindern“, zeigte sich der grüne Minister überzeugt. Die Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim hätte dann gute Aussichten auf Erfolg. „Ich will nicht einsehen, dass der Artenschutz eine umweltschonende Bahnverbindung verhindert.“

Die SPD-Opposition forderte den Verkehrsminister auf, das Projekt Hesse-Bahn zu beenden. „Es ist doch niemandem mehr vermittelbar, warum die Hesse-Bahn mit Dieseltriebwagen für ein oder zwei Jahre in Betrieb gehen soll, wenn dann ohnehin die Elektrifizierung der Strecke vorgesehen ist“, kritisierte Thomas Leipnitz, der verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Regionalfraktion. „Wenn die Hesse-Bahn gleich als Verlängerung der S-Bahn bis Calw geplant und gebaut wird, sind die Probleme an der Strecke gelöst.“