Hat der Rechnungshof in Karlsruhe die Hesse-Bahn geprüft? Darüber gibt es unterschiedliche Ansichten

Weil der Stad/Calw - Der Rechnungshof Baden-Württemberg residiert nicht nur in Karlsruhe in einem ehrwürdigen Palais, er hat auch Gewicht in allen Belangen des Landes. Mit richterlicher Unabhängigkeit ziehen die Revisoren ins Land aus und überprüfen die Vorgänge der Landesregierung auf Ordnungsmäßigkeit und vor allem auf Wirtschaftlichkeit.

 

Was der Rechnungshof sagt, das gilt. Das Verkehrsministerium verweist zum Beispiel auf den Rechnungshof, wenn es um die Frage geht, ob man nicht vielleicht doch im Rahmen einer Probephase die Hesse-Bahn zunächst nur bis Weil der Stadt fahren lassen könnte – und nicht weiter bis Renningen, wo sie die S-Bahn stört.

Auch Helmut Riegger (CDU) verweist gern auf den Rechnungshof. Zuletzt beim großen Bürgerinformations-abend Ende April in der Weil der Städter Stadthalle hatte der Calwer Landrat festgestellt, dass sogar der Rechnungshof die Hermann-Hesse-Bahn geprüft habe. Im Klartext soll dies dem Bahnprojekt das Siegel der Wirtschaftlichkeit verleihen.

Es gibt kein laufendes Prüfungsverfahren

Zu finden ist dieser Prüfbericht allerdings nirgends. Kein Wunder, wie ein Anruf unserer Zeitung beim Rechnungshof selbst ergibt. „Es gibt kein laufendes Prüfverfahren“, sagt Pressesprecher Ronny Eschler. Eine solche Prüfung habe es auch in der Vergangenheit nicht gegeben. Aber natürlich habe man das Projekt auf der Schirm, so wie viele wichtige Aufgaben des Landes, man verfolge es zum Beispiel in der Presse.

Eine nochmalige Nachfrage beim Landratsamt Calw führt dann aber auf eine andere Spur. „Es gab im Zusammenhang mit dem Projekt Hermann-Hesse-Bahn im Jahr 2015 eine Anfrage des Rechnungshofes Baden-Württemberg an das Verkehrsministerium“, teilt die Pressesprecherin Anja Härtel schriftlich mit. Bei der Beantwortung dieser Anfrage hätte man „zugearbeitet“.

Das bestätigt der Rechnungshof anschließend auch. „Wir haben uns im Jahr 2015 mittels einer Anfrage beim Verkehrsministerium über das Projekt Hermann-Hesse-Bahn informiert“, sagt der Sprecher. Bei dieser Anfrage sei es aber geblieben, geprüft habe man nichts. „Der Rechnungshof informiert sich regelmäßig bei den Ministerien, um Sachverhalte zu sondieren und um gegebenenfalls Prüfungsfelder zu eröffnen.“

Prüfung der Hesse-Bahn ist 2018 nicht vorgesehen

So weit, so verständlich. Doch bis nach Calw sind diese Infos offenbar nicht vorgedrungen. Dort zieht man seine Rückschlüsse allein aus dem Vorliegen von Fragen. Einigermaßen überraschend ist jedenfalls die Ergänzung der Calwer Sprecherin Härtel. „Da wir seither in dieser Angelegenheit nichts mehr gehört haben, gehen wir davon aus, dass der Rechnungshof seine Fragen zufriedenstellend beantwortet sieht.“ Aber ist eine zufriedenstellende Beantwortung gleich eine zufriedenstellende Prüfung?

Im Kreis Böblingen schüttelt man den Kopf über diesen Umgang mit der Wahrheit. Hans-Josef Straub, der frühere Weiler Bürgermeister, der sich als SPD-Kreisrat mit dem Thema beschäftigt, stellt schon einmal die Frage in den Raum: „Wenn Herr Riegger bei so einer winzigen Geschichte lügt, wie glaubhaft sind dann seine anderen Aussagen?“

Eine Prüfung von Seiten des Rechnungshofs ist übrigens dieses Jahr auch nicht mehr zu erwarten. Denn normalerweise beschäftigt sich diese Prüfbehörde mit längst abgeschlossenen Projekten des Landes. Aber im Ausnahmefall nehme man durchaus auch mal Pläne unter die Lupe, um Einsparmöglichkeiten vorzuschlagen, sagt Rechnungshof-Sprecher Ronny Eschler.

Die Behörde arbeitet aber nach jährlich aufgestellten Prüfungsplänen. „Und da ist die Hesse-Bahn für dieses Jahr nicht vorgesehen“, sagt er.