Mensch und Tier finden im Heuhotel Murrquelle ein kleines Paradies. Weil es immer mehr als genug Arbeit gibt, bieten die Besitzer seit kurzem freie Kost und Logis gegen einige Stunden Mithilfe auf dem angeschlossenen Gnadenhof an.

Murrhardt - Von ihren Schützlingen ist weit und breit nichts zu sehen. Bis Martina Theurer an den Zaun tritt und „Kommet“ über das Gelände schreit. Es blökt, es meckert, es macht „Iaaah“ in der Ferne, und dann kommt die bunte Herde angetrabt. „Bei mir leben alle Tiere zusammen“, sagt die 52-Jährige. Schafe, Ziegen, Esel, Gänse, Enten, Hunde und – wenn sie mal wieder ausbrechen – die beiden Hängebauchschweine Hanni und Nanni. Abgetrennt leben sonst nur die beiden Zwergziegen, die bei jeder Möglichkeit das Weite suchen, und der Schafbock Toni. „Mich mag er, aber alle anderen rennt er um“, sagt die Tierliebhaberin. Und dieses Erlebnis will sie ihren Gästen lieber ersparen.

 

Im Heuhotel ist fast alles erlaubt – nur keine Handys

Martina Theurer und ihr Mann Andreas Tröger haben nicht nur ein Paradies für Tiere aufgebaut, sondern betreiben auch ein Urlaubsparadies für Kinder, Familien und Tierfreunde: Seit fast zehn Jahren gibt es ihr Heuhotel Murrquelle, seit vier Jahren werden auf dem angeschlossenen Gnadenhof gestrandete Tiere aufgenommen. „Ich bin in einer Familie mit Landwirtschaft aufgewachsen, durfte aber nie im Heu schlafen. Das ist Viehfutter, hat mein Vater immer gesagt“, erzählt Martina Theurer, die von einer Freundin auf die Idee gebracht wurde. Als in Vorderwestermurr, wo sie aufgewachsen ist, ein geeigneter Hof zum Verkauf stand, griff sie zu.

Ihre menschlichen Gäste können in drei gemütlichen Heu-Schlafstuben übernachten, abends am Lagerfeuer grillen und Natur pur genießen. Alles ist erlaubt, „nur keine Handys. Die Gäste sollen wirklich zur Ruhe kommen“, sagt Martina Theurer. Ihr ältester Gast war 82 Jahre alt, der jüngste zwei Monate. Ihre nicht ganz alltägliche Unterkunft sei für alle geeignet, „allerdings sollte man keine Angst vor Hunden oder anderen Tieren haben“, sagt sie. Denn Vierbeiner und Federvieh gehören genauso zum Heuhotel dazu wie die Menschen.

Angekettet an der Heizung, nicht geeignet für die Zucht

70 Tiere leben auf dem Gelände, die Kapazität für Großtiere ist inzwischen erschöpft. Ein jedes hat seine Geschichte mitgebracht. Die Hängebauchschweine waren das Geburtstagsgeschenk für einen 19-Jährigen und wurden an eine Heizung angekettet. Zwei der Esel entsprachen nicht der Idealvorstellung des Züchters und sollten zum Schlachter, zwei der Ziegen knabberten zu sehr an den Bäumen ihrer Besitzer und wurden deswegen abgegeben. „Ich habe alle gleich lieb“, sagt Martina Theurer, die lange Jahre als freiberufliche Altenpflegerin gearbeitet hat. Inzwischen widmet sie ihre ganze Kraft den Tieren. Trotzdem kommt sie gerade so über die Runden. Nur für acht Tiere wurden bisher Patenschaften übernommen, die Nachfrage nach Übernachtungen im Heuhotel könnte auch besser sein und zu tun gibt es immer mehr als genug auf dem Hof.

Kostenlose Übernachtung gegen ein paar Stunden Arbeit

Vor einigen Wochen hat sie einen jungen Mann für zwei Nächte bei sich beherbergt, der von Tschechien hierher gewandert ist. „Er hat mir beim Bau eines Vogelgeheges geholfen und hat dafür freie Kost und Logis bekommen“, erzählt sie. Dadurch kam sie auf die Idee, auch anderen – die vielleicht zu wenig Geld für einen Urlaub haben – freie Kost und Logis gegen vier Stunden Arbeit auf dem Gnadenhof anzubieten. Und wer mag, kann auch einfach so zum Helfen kommen. Vielleicht wird er am Tor von Lara begrüßt. Das Schaf hatte als Lamm einen Unfall und war aus Sicht des Tierarztes so gut wie tot. Doch Martina Theurer hat Lara aufgepäppelt. Ihr Schädel ist zwar etwas schief, aber ansonsten geht es Lara gut. „Wenn wir die Tür offen lassen, liegt sie schneller auf dem Sofa, als wir schauen können. Sie ist wie ein Hund“, sagt Martina Theurer und lacht. „Das hier ist mein größtes Glück.“

Übernachten im Heu

Heuhotel Murrquelle
: Bis zu 30 Personen können im Heuhotel Murrquelle übernachten, deswegen sind auch Klassen oder Gruppen willkommen. Das Heuhotel ist von Mai bis einschließlich September geöffnet. Erwachsene zahlen für eine Übernachtung mit Abendessen und Frühstück 30 Euro, Kinder ab drei Jahren 23 Euro. Es gibt auch Platz zum Zelten. Am Wochenende hat die Weinstube geöffnet. Mehr Infos gibt es auf der Homepage.

Heuhotel Schweizerhof
: Im Großerlacher Teilort Mannenweiler betreibt das Ehepaar Nowak seit 2013 ebenfalls ein Heuhotel. Auch hier sind Klassen oder Gruppen willkommen, es gibt Platz für etwa 50 Personen. Ab 15 Personen kostet die Nacht (ob im Heu/Zelt/Wohnmobil) für Erwachsene 15 und für Kinder 10 Euro. Frühstück oder Küchennutzung werden extra berechnet. Mehr Infos im Internet.