In ihrem neuen Forschungsgewächshaus will die Uni Hohenheim herausfinden, wie die Welternährung in Zeiten des Klimawandels gesichert werden kann. Der zentrale Hightechbau mit computergesteuerten Klimakammern dient 34 Instituten.

Stuttgart - Darauf haben die Forscher der Uni Hohenheim lange warten müssen. Seit März 2020 ersetzt ein zentrales Forschungsgewächshaus die auf dem Campus verstreuten maroden Einzelgewächshäuser. Coronabedingt wurde der 8,7 Millionen Euro teure Hightechbau erst jetzt offiziell übergeben. „Nur hier können wir das Wetter von morgen simulieren“, sagt Stefan Rühle, der die Serviceeinheit Hohenheimer Gewächshäuser leitet. An ihm führt kein Weg vorbei, wenn die Forscher aus 34 Instituten diese besondere Infrastruktur auf 1400 Quadratmetern nutzen wollen.

 

Folkard Asch zum Beispiel. Der Leiter des Fachgebietes für Wasserstress-Management bei Kulturpflanzen in den Tropen und Subtropen untersucht, wie Pflanzen auf Dürre reagieren, und will durch ausgefeilte Zuchtprogramme ihre Dürreresistenz verbessern. Jetzt geht Tropenwetter auch auf dem Uni-Campus – und zwar verlässlich. Klima, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lichtstärke können in jedem der zwischen elf und 120 Quadratmeter großen und flexibel zusammenschaltbaren Gewächshaus-Abteile computergesteuert eingesetzt werden. „Ich bin superfroh über dieses Gewächshaus“, sagt Asch, „wir haben Platz, wir haben Licht, und wir müssen uns nicht mehr dauernd mit technischen Problemen herumschlagen.“

Die Professorenschaft musste erst auf den Neubau eingeschworen werden

Allerdings musste die Professorenschaft offenbar erst auf eine zentrale Einrichtung eingeschworen werden. Denn anders als zuvor, als jedes Institut sein eigenes kleines Gewächshaus hatte, erfordere der Neubau die Kooperation der Lehrstühle – und er sei zugleich der Katalysator dafür, berichtet Rektor Stephan Dabbert. „Es war nicht Konsens, aber schlussendlich waren alle dabei“, ergänzt Ralf Vögele, Leiter des Fachgebiets Phytopathologie. Und so wachsen in der einen Kammer Süßkartoffeln, in einer anderen wird die Überlebensstrategie eines Wolfsmilchgewächses untersucht, das mit einem Monarchfalter und seinen Eiern zurechtkommen muss. In wieder einer anderen Kammer werden Chilis als Wirtspflanzen für Nützlinge gezogen. Auch Cannabis gedeiht unter dem Hohenheimer Glasdach. Zuchtziel sei allerdings, eine Nutzpflanze gerade ohne Rauschmittel-Eignung für den Markt zu erschließen.

Die zur feierlichen Übergabe des Baus angereisten Staatssekretärinnen Gisela Splett (Finanzministerium) und Petra Olschowski (Wissenschaftsministerium) zeigen sich hocherfreut über das Ergebnis: dieses auf die Belange der Spitzenforschung zugeschnittene Hightechgewächshaus, in dem sich die Pflanzenforscher mit der Lösung globaler Fragen wie der Klimakrise, der Ernährungssicherung und der nachwachsenden Rohstoffe beschäftigen könnten. Zumal auch der Bau selber energieeffizient und ökologisch vorbildlich sei, indem auch das Regenwasser in einer Zisterne gesammelt und zur Bewässerung genutzt werde. Mitfinanziert wurde der 8,7 Millionen Euro teure Bau mit vier Millionen Euro von der Carl-Zeiss-Stiftung und mit 300 000 Euro von der Uni. Zunächst falsch gelieferte Scheiben sowie Estrichprobleme hatten die Fertigstellung allerdings um mehr als ein Jahr verzögert.

Der zweite Bauabschnitt wird bereits geplant

Doch nun sei der zweite Bauabschnitt, der auf 67 Millionen Euro veranschlagt wird, bereits in Vorbereitung. Er soll die Gewächshausfläche auf insgesamt 8200 Quadratmeter erweitern – zum somit größten universitären Forschungsgewächshaus in Deutschland. Er soll an der Ostseite des Phytotechnikums andocken, also zur Garbe hin. Aber zuvor müsse das Bauplanungsrecht für das Gelände geklärt werden, so Carmen Zinnecker-Busch, die Leiterin des Unibauamts. Zum Schluss werde man zwar nur 60 Prozent der ursprünglichen Gewächshausflächen haben, „aber wesentlich besser bewirtschaftet“, so Dabbert. Und technisch auf der Höhe der Zeit. Damit könne, so Olschowski, „ein Quantensprung dieser Forschung in Deutschland, ja in Europa erreicht werden“. Fertigstellung könnte 2028 sein.