Um Menschen in Not kümmert sich das neue Team der Diakonischen Bezirksstelle. Sucht ist ein Thema.

Ditzingen - D as Leben lief jahrelang in ruhigen Bahnen. Der Arbeitsplatz gesichert, die Beziehung geregelt, die Freunde da, wenn er sie treffen wollte. Doch dann kam es in wenigen Wochen knüppeldick für den Mittfünfziger, der alles in trockenen Tüchern wähnte: Die Firma machte dicht, Herr F. war Knall auf Fall arbeitslos. Die Freundin, lange treu an der Seite, ging mit einem anderen weg. Zwei Bier am Tag reichten nicht mehr. Nach einem halben Jahr ohne Job schickte der Hausbesitzer die Kündigung, weil Herr F. mit der Miete im Rückstand war. Und nun? Männerwohnheim? Oder gleich Straße?

 

Gewiss, dieser Fall ist konstruiert. Aber Nadine Bernecker und ihre Kolleginnen in der Diakonischen Bezirksstelle Ditzingen könnten diese hoffnungslose Lage eines Menschen so jeden Tag kennenlernen. Das Team hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten gewandelt, ist auf acht Frauen angewachsen und bietet mehr Beratung direkt am Ort. Jeden Tag ist jemand ansprechbar, die Themen sind breiter geworden. So können in Ditzingen nun auch Schwangere beraten werden; und das Projekt „Beratung rundum“ wendet sich an Menschen, die Hilfestellung bisher nicht für nötig hielten. „Unser Spektrum sind die Sozialprobleme der Gesellschaft“, sagt Nadine Bernecker.

Beratung auch für Angehörige und Freunde

„Beratung rundum“, sei etwas ganz Neues, berichtet Nadine Bernecker. Man wolle damit die Menschen erreichen, „die sonst nicht in einer Beratungsstelle anlanden“ – weil sie ihr Suchtproblem entweder noch nicht erkannt haben oder dies nicht wahrhaben wollen, auch nicht nach einem Hinweis des Arztes. Das seien meistens Spieler oder Alkoholiker. Existenznot oder eine aktuelle Notlage müssten noch gar nicht gegeben sein. Das Projekt wendet sich nicht nur an Betroffene, sondern auch an deren Angehörige oder Freunde.

Was ist eine Notlage? „Eine Lebensveränderung, an die man sich nicht spontan anpassen kann“, sagt Bernecker. Oder eine Situation, in der Gewohnheiten verändert werden müssten, weil sonst der Alltag nicht mehr funktioniere. Dies könnten die plötzliche Kündigung, der unerwartete Tod eines Angehörigen, das überraschende Ende einer vertrauten Beziehung oder eine schwere Krankheit sein. Auch Geldmangel bereitet Probleme – selbst wenn Menschen voll arbeiten. Der Niedriglohnbereich spiele eine große Rolle.

Dann müssten die Beraterinnen zunächst die vielfältigen Probleme sortieren. „Die Hilfeleistung ist erst der zweite Schritt.“ Es helfe bereits sehr, wenn die Beraterin es schaffe, den Klienten „aus seinem Selbstbedauern herauszuziehen“.

Schwangerenberatung auch in Ditzingen

Die klassischen Felder Paarberatung, wirtschaftliche Not und Mutter-Kind-Beratung sind ebenso im Angebot wie nun die Beratung von Schwangeren. Eines ist den Mitarbeiterinnen der evangelischen Dienststelle sehr wichtig: „Wir sind für die Angehörigen aller Religionen und Staaten offen.“ Englisch, Spanisch und Französisch spreche man selbst, wenn nötig engagiere man Dolmetscher. Andere Hilfsangebote vermittele man: die Schuldnerberatung in Vaihingen an der Enz, die Suchthilfeberatung in Kornwestheim, den Strohgäuladen am Ort, die Kleiderkammern in Ditzingen und Gerlingen oder die Erziehungsberatung der Caritas in Ludwigsburg.

Noch eines sei wichtig, sagt Nadine Bernecker: „Wir vergeben auch Termine gleich am Morgen, abends oder am Freitagnachmittag.“ An der Zeit soll die Hilfestellung nicht scheitern.