In einem offenen Brief wenden sich die Stuttgarter Yogalehrer an die Kultusministerin und legen ein detailliertes Hygiene-Konzept vor, um möglichst schnell bald wieder an die Arbeit gehen zu können. Susanne Eisenmann reagiert wohlwollend.

Stuttgart - Man hört in der Regel nichts von ihnen. Yogis sind eher stille Zeitgenossen. Doch nun melden sich die Lehrer und Yoga-Studio-Besitzer der Stadt zu Wort. Ralf Rossnagel vom Mattengold in Wangen und Oz Yildirim (Om Yoga) im Westen geben den rund 100 Yogaschulen Stuttgarts eine Stimme in der Not. Und die bündelt sich in einem Offenen Brief samt einem ausgefeilten Hygienekonzept und einer Fleißarbeit, die den Wert von Yoga für Körper und Geist wissenschaftlich dokumentiert.

 

Ein wichtiger Adressat des Briefes ist Kultus- und Sportministerin Susanne Eisenmann (CDU). Die frühere Stuttgarter Bürgermeisterin hat sich zuletzt im Sinne des Breitensports einen Namen gemacht. Daher hoffen die Yogis aus Stadt und Land darauf, Eisenmann vom Wert der 5000 Jahre alten Praxis überzeugen zu können.

„Dass wir seit nunmehr acht Wochen nicht mehr unsere Arbeit tun können, belastet uns enorm. Ja, wir machen uns Sorgen um unsere Zukunft, denn viele von uns stehen finanziell mittlerweile mit dem Rücken zur Wand“, so schreiben die Yogalehrer, „aber noch mehr belastet uns die Tatsache, dass wir in dieser dramatischen Zeit nicht für unsere Schüler da sein und gemeinsam mit ihnen durch diese Zeit gehen können.“

Yoga als Potenzial in der Coronakrise

Bei diesem Punkt beschreiben sie genau, was Yoga von anderen Körperertüchtigungen unterscheidet: „Alles, was uns einmal Halt gegeben hat, wankt. Veränderung geschieht im Zeitraffer, und niemand weiß, wie die Welt nach Corona aussehen wird. Doch für uns Yogalehrer ist Veränderung Alltag. Man könnte auch sagen: es ist unser Job.“ Sie seien Profis darin Balance ins Leben von Menschen zu bringen, die oft körperliche Beschwerden haben und unter Dauerstress leiden.

Dieses Potenzial sollte gerade in der Krise genutzt werden – und nicht weiter Brach liegen. In diesem Sinne rechnen die Yogis vor: „In einem durchschnittlich großen Studio praktizieren bis zu 250 Menschen pro Woche Yoga, 25 000 also in den rund 100 Yogastudios in Stuttgart, 250 000 in den geschätzt mittlerweile 1000 Yogastudios in Baden-Württemberg. „Es geht also um Menschen, denen jetzt ihr Ausgleich fehlt in einem Alltag, der völlig aus den Fugen geraten ist: Mütter, die im Home-Office arbeiten und nebenher ihre Kinder bespaßen oder Unternehmer, denen das Wasser bis zum Hals steht.“

Diese gewachsene Struktur stehe derzeit auf der Kippe, fast ganz aus der Stadt zu verschwinden. Abschließend appellieren sie daher an Eisenmann: „Wir brauchen dringend eine Perspektive, die es im Moment noch nicht im Ansatz gibt. Und wenn wir nicht schnell eine Lösung finden, steht zu befürchten, dass in einigen Monaten ein Großteil der Yogaszene zerstört sein wird.“ Weiter schreiben sie: „Dies wäre nicht nur für uns haupt- und nebenberuflich arbeitende Yogalehrer eine Tragödie, sondern aus unserer Sicht auch für die Gesellschaft. Yoga wirkt. Yoga bietet ein unglaubliches Potenzial. Und dieses Potenzial wäre unwiederbringlich verloren.“

Ministerin Susanne Eisenmann reagierte wohlwollend auf die Appelle der Yogis: „Unser oberstes Ziel bleibt, eine neue Infektionswelle zu verhindern. Deshalb können wir in der aktuellen Situation auch beim Breitensport nur schrittweise vorgehen und nicht alles gleichzeitig lockern. Wir haben zu Beginn dieser Woche mit kontaktlosen Trainings- und Übungsangeboten im Freien begonnen, bei denen die strengen Infektionsschutzvorgaben eingehalten werden können. So ist auch Yoga in Kleingruppen auf öffentlichen Sportanlagen bereits wieder möglich.“ Zudem ist sie sich klar, „dass Yoga mehr als Sport ist und der Entspannung dient“. Gerne hätte die Ministerin den Yogis mehr Zusagen gemacht und weiß, wie hart der Lockdown viele Studiobesitzer trifft: „Ich bin mir bewusst, dass Yoga im Freien den unter der Corona-Krise leidenden Studiobetreibern vielerorts kaum weiterhilft. Bei allen Lockerungen müssen wir aber die Infektionszahlen im Blick behalten. Unser Ziel ist, Sport in Sporthallen und geschlossenen Räumen unter bestimmten Bedingungen baldmöglichst wieder zuzulassen – vorbehaltlich, dass das Infektionsgeschehen nicht neu aufflammt.“