„Stuttgart war das bisher beste Konzert auf der Tour“, schwärmte Udo Lindenberg nach seiner fast dreistündigen Keine-Panik-Show in der Mercedes-Benz-Arena. In Stuttgart lebt einer seiner besten Kumpels, der SWR-3-Moderator Ben Streubel. Wir haben hinter die Kulissen geblickt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Auf den Säulen im Vip-Bereich der Mercedes-Benz-Arena steht was von den „schönen Dingen des Lebens“. Die Werbebotschaft eines VfB-Sponsors ist nach dem Abstieg nicht entfernt worden – bei einem Heimatverein, bei dem keiner mehr glauben mag, dass er dreimal Deutscher Meister war.

 

Gut so! Denn an diesem Abend könnte das Leben kaum schöner sein, daUdo Lindenberg mit einem Hammerkonzert und einem pathosreichen, ja bonbonbunten Bühnenspektakel alle Bereiche des künftig für Zweitklassigkeit zuständigen Stadions in erstklassige Euphorie versetzt: ob im Innenraum, auf den Rängen, backstage oder in den Logen. Ein Jubel herrscht, als gelte es, eine Meisterschaft zu feiern.

„Schwaben schweben“, frohlockt der Panikchef, der backstage den blau-roten Superman-Bademantel trägt. 34 Titel sind auf seiner Set-Liste, unermüdlich rennt er über den Laufsteg ins Stadioninnere und zurück. Nichts wird in dieser Honky-Tonky-Show, die sich an amerikanische Vorbilder orientiert, dem Zufall überlassen. Backstage – die Garderoben befinden sich in den VfB-Kabinen – sind gleich vier Ärzte um das Wohl des 70-Jährigen bemüht. Das Quartett reist mit auf der gesamte Stadiontournee.

Udo bekommt ein VfB-Trikot mit der Nummer zwölf

Fast immer dabei: SWR 3- Moderator Ben Streubel, der innerhalb der berüchtigten Panik-Familie zum „Inner Circle“ gehört. In der Mercedes-Benz-Arena scheint er nervös zu sein wie ein Papa, wenn der Sohnemann einen großen Auftritt hat. Bennybär läuft im Stadion unruhig umher. Es tut ihm gut, dass Udos Stuttgart-Auftritt zu dem besten der bisherigen Tour wird. Wäre ihm unangenehm gewesen, wenn ausgerechnet in seiner Heimat die Keine-Panik-Maschinerie ins Stocken gerät. So sah es vor zwei Monaten aus, als nur ein Drittel der Karten für Stuttgart verkauft waren, während für andere Städte Zusatzkonzerte geplant wurden. Am Ende ist das VfB-Stadion mit über 40.000 Fans nahezu voll. An den Kassen sind lange Schlangen. Die Lobeshymnen fürs neue Album dürften eine Rolle für den Last-Minute-Andrang spielen, aber auch drei Ehrengäste, die auf der Bühne stehen: Otto Waalkes , Helge Schneider, Hartmut Engler. Es empfiehlt sich, hinter den Kulissen genau hinzuschauen. Denn auch Double Rudi ist im Original-Outfit vom Udo unterwegs und wird häufig verwechselt.

VfB-Marketing-Chef Jürgen Röttgermann nutzt die Gunst der Stunde und schenkt Udo ein VfB-Trikot mit der Nummer zwölf. „So eine Ehrenrunde ist nicht schlimm“, macht der 70-Jährige dem Verein Mut, „die hab ich auch schon gehabt.“ Irgendwann gehe es wieder steil nach oben – Lindenberg hat es mit Ü 60 geschafft, mit Ü 70  ist er im Olymp seiner Karriere angekommen. Seine Musik ist stärker als die Zeit, stärker als das Älterwerden.

Vor 13 Jahren haben sich Udo und Bennybär kennengelernt

Manche sagen, als Streubel ins Leben von Herrn Lindenberg trat, ging es mit diesem bergauf. Bennybär hört das nicht gern.Kennengelernt haben sie sich vor 13 Jahren. Der SWR-3-Moderator wollte nachts on air in einem Quiz wissen, wie der erste US-Präsident hieß. Dafür gab er drei Antworten vor. Ein Vorschlag lautete Lindenberg. Eine Hörerin votierte für den Panikpräsidenten. „Das stimmt leider nicht“, sagte Streubel .

Wenig später – es war 3 Uhr in der Früh – klingelte das Studiotelefon. Eine Nuschelstimme war dran – Udo himself. Die Hörerin sei doch spitze gewesen, meinte er, sie habe den Preis verdient. Der Sänger und der Moderator trafen sich – es war der Beginn einer ganz speziellen Männerfreundschaft.

Etliche Urlaube haben sie seitdem miteinander verbracht, bevorzugt auf Kreuzfahrtschiffen. Udo besucht den Kumpel regelmäßig in Stuttgart, der in eine der wenigen Wohnungen der Königstraße lebt – mit Spiderman und einem Whirlpool auf der Dachterrasse. Wenn der berühmte Sänger zu Besuch ist, tarnt er sich mit einer Baseballmütze – dann spazieren sie, nahezu unerkannt, auf der Fußgängerzone oder besuchen den Italiener am Wilhelmsplatz.

In Stuttgart macht sich Bennybär den Spaß, von der Bühne den noch backstage weilenden Udo mit dem Handy anzurufen – die 40 000 hören mit. Der Greis mag heiß sein und eine coole Socke – dennoch hat er sein Rockleben als „Dank an seinen Body“ verändert. Als einer der ersten verlässt Udo die After-Show-Party und lässt sich zurück ins Hotel Le Méridien fahren. Hier residiert der Panik-Präsident standesgemäß – in der Präsidentensuite mit Blick auf die S 21-Baustelle und den Bahnhof. Im Bahnhofsturm war er am Vorabend seines Konzerts mit SWR-Intendant Peter Boudgoust essen. Kumpel Streubel sowie Tine Acke, Udos Freundin und persönliche Fotografin, waren natürlich dabei. Freundschaft ist dem Panikrocker das Wichtigste, wie er auf der Bühne feierlich beschwört. Im wahren Leben hält er sich daran, sagt Bennybär: „Du kannst ihn nachts um 4 Uhr anrufen, wenn was ist.“ Den Superman-Bademantel hat er ihm zum 69. Geburtstag geschenkt.