Für die Böblinger Pirschgänge stehen im Denkmalförderprogramm 40.000 Euro bereit. Die Gänge sind einsturzgefährdet. Trotzdem wird es noch dauern, bis die Sanierungarbeiten beginnen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Ziemlich zuversichtlich klang Bernd Murschel im Mai 2016: „Bundesweit einmalige Pirschgänge auf US-Truppenübungsgelände bei Böblingen werden gesichert.“ lautete die Überschrift einer Mitteilung des Grünen Landtagsabgeordneten damals. Tatsächlich verfällt das als Kulturdenkmal von besonderem Wert eingestufte Bauwerk weiterhin. Jetzt erfolgte der möglicherweise entscheidende Schritt für die Erhaltung der im Jahr 1737 angelegten herzoglichen Jagdanlagen: Anfang September verkündete die Landesregierung, dass im Denkmalförderprogramm 40.000 Euro für die Pirschgänge zur Verfügung stehen. Denn bislang hing es vor allem am Geld. Für den Beginn der Arbeiten steht allerdings weiterhin kein Termin fest.

 

Im vergangenen Dezember waren es wiederum das Landratsamt und die Stadt Böblingen, die zuversichtlich klangen: Damals kam eine Förderzusage von 30.000 Euro von der Denkmalstiftung Baden-Württemberg. Mit der Förderzusage könne ein in Süddeutschland einzigartiges Bodendenkmal erhalten werden, freute sich der Landrat Roland Bernhard. Die beiden Zuschüsse decken zusammen mehr als zwei Drittel der vorgesehenen Baukosten von rund 100.000 Euro. Trotzdem kann noch nicht losgelegt werden. Der förmliche Zuwendungsbescheid des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart steht noch aus. „Erst wenn dieser Bescheid vorliegt, darf mit der Maßnahme begonnen werden“, teilen das Landratsamt und die Stadt Böblingen gemeinsam mit. Einen Zeitplan gebe es dafür allerdings noch nicht, heißt es darin weiter. In den nächsten Wochen werde es eine Besprechung mit den Projektbeteiligten geben.

Die Bima hat die Pirschgänge sich selbst überlassen

Die Pirschgänge wirken wie ein Paradebeispiel für die langsam mahlenden Mühlen der Bürokratie. Mehr als zwei Jahre hat es bis zum aktuellen Stand gedauert. Bernd Murschel hatte in seiner Mitteilung die Vorgehensweise skizziert: Die Stadt Böblingen solle die Trägerschaft für die Jagdanlagen übernehmen, weil sie Zuschüsse für die Sanierung beantragen kann – anders als die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), in deren Besitz sich das Bauwerk befindet. Zwar sind Eigentümer von Kulturdenkmalen gesetzlich verpflichtet, sie im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten. Doch die Bima hat die Pirschgänge sich selbst überlassen: „Von den ehemals circa 635 Meter langen Pirschgängen sind noch circa 130 Meter in ihrem ursprünglichen Zustand erkennbar vorhanden“, schrieben Stadt und Kreisbehörde im Dezember. Nur dieser Abschnitt sei sanierungsfähig und zunehmend vom Verfall bedroht. Während die Volkshochschule vor 15 Jahren noch Führungen durch die unterirdischen Gänge anbieten konnte, durch die sich die Adeligen unbemerkt einem Äsplatz für Hirsche näherten, sind sie wegen Einsturzgefahr längst gesperrt.

„Wir freuen uns daher über die Entscheidung des Landes zur Aufnahme in das Denkmalförderprogramm“, teilen das Landratsamt und die Stadt Böblingen mit. Sie trage dazu bei, dass ein in Süddeutschland einzigartiges Denkmal nicht dem Verfall überlassen werde, wiederholen die Ämter. In der Mitteilung von Dezember stand außerdem, dass auch von der Bima, der Stadt Böblingen und dem Landratsamt Kosten übernommen werden. Bleibt es beim Sanierungsplan des staatlichen Hochbauamts Reutlingen handelt es sich durch die Zuschüsse nur noch um 30 000 Euro, die sich die Behörden teilen müssten.

Laut einer Auskunft des Hochbauamts vom vergangenen Jahr ist lediglich die Sicherung der Pirschgänge vorgesehen. Dazu zählen Stützkonstruktionen für vom Einsturz gefährdete Stellen sowie das Ausbessern der Mauern mit einzelnen Steinen oder neuen Verfugungen. Das Landratsamt und die Stadt gehen davon aus, dass sich der Zustand des Denkmals seit 2017 nicht wesentlich verschlechtert hat. Weil es sich in einem militärisch abgesperrten Sicherheitsbereich befindet, haben sie auch nicht einfach nachschauen können.

Bestimmten Gesellschaften vorbehalten

Geschichte
: Herzog Carl Alexander von Württemberg hat im Jahr 1737 die Pirschgänge im Böblinger Stadtwald anlegen lassen. Sie waren damals der letzte Schrei: Mit Hilfe der unterirdischen Laufgänge konnten sich die Adeligen bequem an das Wild heranpirschen. Eine Tafel am nördlichen Eingang der Jagdanlage erinnert daran, dass sie von Baumeister Nikolaus Kraft unter dem Böblinger Oberforstmeister Carl Magnus von Schauroth errichtet wurden. Immerhin diese Tafel soll jetzt restauriert werden.

Anschauung:
Um die Pirschgänge zu besuchen, ist eine Genehmigung der US-Streitkräften nötig. Der Naturschutzbund, Gruppe Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen bietet ab und zu eine Wanderung über das Gelände an.