Zuerst kam das Eis mit dem Wagen: Ein Foto aus dem Jahr 1935 erinnert eine Zeit, als der kalte Genuss noch etwas ganz Besonderes war. Nach Deutschland gebracht haben ihn vor allem Italiener aus den Dolomiten.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Winterbach - Wer sich im Sommer vor 84 Jahren abkühlen wollte, der konnte zum Eisverkäufer Wieland gehen. In Winterbach stand er mit seinem Eiswagen an der Remsbrücke, allerdings nicht jeden Tag, erinnert man sich im Ort. Jürgen Rieger vom Heimatverein Winterbach hat im Kulturarchiv des Vereins eine Aufnahme des Eiswagens gefunden: „Der Wieland als erster Eisverkäufer, 1935“ hatte Paul Schnabel, aus dessen Sammlung das Foto stammt, dazugeschrieben.

 

Rieger hat das Foto im Mitteilungsblatt der Gemeinde veröffentlicht und daraufhin erfahren, dass der „Eis-Wieland“ später wohl tatsächlich die gleichnamige Eisdiele an der Burgstraße in Schorndorf eröffnet hat. „Mehr wissen wir aber nicht“, sagt Rieger. Auch die Anfragen unserer Zeitung bei mehreren Stadtarchiven im Rems-Murr-Kreis bringen keine weiteren Erkenntnisse. Allerdings dürfte der Wieland 1935 einer der wenigen deutschen Eisverkäufer gewesen sein: Es waren die Italiener, die Ende des 19. Jahrhunderts ihre Heimat, die Dolomiten, verließen und das Speiseeis schließlich nach Deutschland brachten. Denn in den Gebirgstälern der Provinz Belluno fanden die Menschen damals keine Möglichkeit mehr, ihre Existenz zu sichern.

Über Wien fand das Gefrorene den Weg nach Deutschland

Der Union der italienischen Speiseeishersteller (Uniteis) zufolge sollen einige der ersten Auswanderer bei einem sizilianischen Konditor in Venedig zunächst gelernt haben, wie man Sorbet herstellt. Mit diesem Wissen wanderten sie nach Österreich aus, wo sie vor allem in Wien ihr „Gefrorenes“ verkauften, später dann zogen die „Gelatieri“, die Eismacher, ihre Eiswägen auch durch deutsche Straßen.

Als der mobile Handel durch Auflagen eingeschränkt wurde, waren viele Eismacher gezwungen, Geschäftslokale anzumieten – oder, wenn sie sich das nicht leisten konnten, direkt aus einem Fenster ihrer Wohnung zu verkaufen: Die Eisdiele war geboren. Insofern verwundert es nicht, dass offenbar auch der Eisverkäufer Wieland später eine Eisdiele eröffnete. Im Laufe der Jahre wurden es immer mehr: So gab es 2017 (neuere Daten liegen nicht vor) laut dem Statistischen Bundesamt 8310 Eisdielen in Deutschland.

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