Es ist eine Premiere. Und wird auch einmalig bleiben. Das Historische Volksfest auf dem Schlossplatz beginnt an diesem Mittwoch um 11 Uhr. Wir zeigen auf einen Blick, was man darüber wissen muss.

Stuttgart - Fritz Kuhn darf schon mal üben. Zwei Fassanstiche, das musste ein Stuttgarter OB noch nie bewältigen. Doch Kuhn muss diese Woche zweimal ran. Ob er schon geübt hat? Diese und andere Fragen harren der Antwort.

 

Wann beginnt das Historische Volksfest?

Es wird an diesem Mittwoch um 11 Uhr von Kuhn im Traditionszelt im Ehrenhof des Schlosses eröffnet. Er wird das erste Faß anstechen. Da er sich dabei bisher immer gut angestellt hat, darf man damit rechnen, dass das erste Bier nicht herausspritzt, sondern fließt. Es wird übrigens ein Besonderes sein, gebraut von den Braumeistern von Dinkelacker und Schwabenbräu. Ausgeschenkt wird es nur im Halbliterkrug.

Was macht das Volksfest in Stuttgart?

Früher dachte man tatsächlich darüber nach, das Cannstatter Volksfest umzubenennen. Modernisierer glaubten, ein Stuttgarter Volksfest ließe sich besser verkaufen im Rest der Welt. Als dann aber Bad Cannstatt drohte, sich abzuspalten, verwarf man diese Pläne. Nun ist es aber so weit, nun gibt es tatsächlich ein Stuttgarter Volksfest. Es heißt aber offiziell Historisches Volksfest. Denn es erinnert an die Gründung des Volksfests vor genau 200 Jahren.

Wie wird gefeiert?

Anders als auf dem Wasen. Mit weniger Geschrei, Rambazamba und Party. Dies ist kein Ort für Kampftrinker und Ballermänner. Im Traditionszelt spielen Musikgruppen schwäbische Volksmusik aus dem 19. Jahrhundert. So treten etwa Trotzblech oder Spundlochmusig auf. Es gibt einen Tanzboden. Am Musikpavillon und an der Königstraße sind jeden Tag Trachtengruppen zu sehen. Aus dem Schwarzwald, aus Hohenlohe, aus Schwäbisch Hall, mit richtigen handgenähten, authentischen Trachten, „nicht irgendwelche Folklorehurgler“, wie Ideengeber Wulf Wager sagt.

Was machen die Bauern auf dem Schlossplatz?

Es ist eigentlich ihr Fest. Gegründet wurde das Volksfest im Jahre 1818 von König Wilhelm I. als Leistungsschau der Bauern. „1815 war in Indonesien der Vulkan Tambora ausgebrochen“, erzählt Jürgen Weisser vom Landwirtschaftsmuseum Hohenheim, „mit der Wucht von 170 000 Atombomben wurden 140 Milliarden Tonnen Gestein ausgeworfen.“ Und schwebte als Grobstaub durch die Luft. Auf der ganzen Welt kam es zu Missernten, die Sommer waren verregnet, Mensch und Tier verhungerten. Diese Katastrophe sollte sich nicht wiederholen, deshalb gründete Wilhelm I. nicht nur das Volksfest, sondern auch die Universität Hohenheim. Und die Ackergüterfabrik. Weisser: „Bis dahin hatten die Bauern wie im Mittelalter gearbeitet.“ Nun entwickelte und baute man in großem Stil. Etwa den Goldenen Pflug, der die moderne Landwirtschaft ermöglichte. Er wird auch auf dem Schlossplatz zu sehen sein, rund um die Jubiläumssäule kann man vieles über die Geschichte der Landwirtschaft lernen.

Was gibt es sonst zu sehen?

Auf dem Platz sind Gaukler, Jongleure, Feuerschlucker und ein Vogel-Jakob zu sehen. Es wird zahlreiche alte Buden und Fahrgeschäfte geben. Etwa ein Spiegelkabinett aus den 1920er Jahren, 80 Jahre alte Boxautos, eine Hutwurfbude, die bis in die 60er Jahre auf dem Volksfest zu sehen war. Schiffsschaukeln, ein Russisches Rad. Und einen Flohzirkus. Es gibt in Deutschland nur noch das Geschäft von Robert Birk, der Flöhe Fußball spielen oder um die Wette hüpfen lässt. Was Besonderes ist auch die Raupenbahn. Warum heißt dieses Karussell eigentlich Raupenbahn? Weil Sekunden vor dem Fahrtende das Verdeck herabfiel und man sich unbeobachtet von den Eltern küssen konnte. Das passende Fahrgeschäft für das Jahr, in dem das Volksfest erstmals mit Stuttgart poussiert.

Was gibt es zu Essen?

Marcel Benz betreibt das Festzelt. Er bietet Speisen und Getränke an, wie man sie anno dazumal auf dem Volksfest verzehrte. Weil es noch keine Fritteuse gab, gibt es auch keine Pommes. Cola kannte man auch noch nicht. Aber altbacken ist das Essen natürlich nicht, Benz hat die alten Rezepte dem modernen Geschmack angepasst. Es gibt Gaisburger Marsch (7 Euro), Hirnsuppe (6 Euro), Ochsenmaulsalat (10 Euro), Sauerampfersuppe (6 Euro) oder Kalbsbraten (15,80 Euro).

Gibt es auch Bier?

Natürlich. Obwohl man vor 200 Jahren eher Most trank. Den gibt es natürlich auch im Traditionszelt. 3 Euro zahlt man für 0,25 Liter Most, eine Limo kostet 4 Euro für 0,33 Liter. Das Bier ist ein ganz besonderes. Während man auf dem Wasen wetteifert, haben Dinkelacker und Hofbräu fürs Historische Volksfest gemeinsame Sache gemacht. „Unser Ziel ist es ein Bier zu brauen, das man schon zu Zeiten von König Wilhelm I. an die Bevölkerung ausgeschenkt hätte“, sagen die Brauereien. Ausgeschenkt wird es aber nicht im Maßkrug. Es wird in kleineren Einheiten getrunken als auf dem Wasen, der halbe Liter kostet 4,90 Euro. Abgefüllt wird es in einen Steinkrug, extra entworfen fürs Jubiläum. Den kann man für 5 Euro kaufen. Es gibt auch eine Rotweincuvée vom Collegium Wirtemberg. Die Cuvée ist allerdings deutlich anders als der Wein, den man früher trank, betont Kellermeister Martin Kurrle. Den würde man heute nicht mehr schätzen, er war sauer, er war leicht, weil er ein Massengetränk war: Da das Wasser oft dreckig war, trank man damals den Wein literweise.

Wie lange wird gefeiert?

Das Fest beginnt am Mittwoch, 26. September und endet am Mittwoch, 3. Oktober. der Eintritt ist frei. Der Rummel beginnt um 11 Uhr, Schluss ist jeden Tag um 22 Uhr. Man wird den Zapfenstreich nicht überhören, die Stadtgarde wird ihn einläuten und im Zelt wird das „Lied der Württemberger“ gesungen.