Der Deutsche Wetterdienst warnt am Mittwoch wieder vor Hitze, besonders in Stuttgart. Doch nach welchen Maßstäben wird gewarnt? Und warum wurde früher häufiger gewarnt?

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt am Mittwoch vor Hitze in Baden-Württemberg. „Insbesondere im dicht bebauten Stadtgebiet von Stuttgart“ sei „mit einer zusätzlichen Belastung aufgrund verringerter nächtlicher Abkühlung“ zu rechnen.

 

Solche Meldungen sind keine Seltenheit, wie unsere Datenauswertung in Kooperation mit „Correctiv Lokal“ und „Zeit Online“ zeigt: Seit 2011 spricht der DWD mehr Hitzewarnungen für Baden-Württemberg aus als im bundesweiten Durchschnitt. Das überrascht einerseits nicht, weil es im Südwesten öfter heiß wird als anderswo. Doch die Datenanalyse unserer Zeitung zeigt, dass die Warnpraxis nicht wirklich schlüssig ist. Beispielsweise hat sich das Verhältnis von heißen Tagen mit mindestens 30 Grad und Hitzewarnungen im betrachteten Zeitraum von Jahr zu Jahr stark verändert. 2015 wurde in Baden-Württemberg deutlich häufiger vor Hitze gewarnt als 2018, obwohl die beiden Sommer ähnlich heiß waren.

Die folgende Grafik zeigt die durchschnittliche Zahl von Hitzewarnungen und heißen Tagen in den baden-württembergischen Stadt- und Landkreisen seit 2011:

Die Warnpraxis hat sich im Lauf der Zeit offensichtlich verändert. 2013 gab es in Baden-Württemberg mehr Hitzewarnungen als heiße Tage, seit 2018 ist es andersherum. Die Warnpraxis sei nicht grundlegend auf den Kopf gestellt worden, erklärt Andreas Matzarakis. „Sie ist in den vergangenen Jahren aber verfeinert worden“, sagt der 62-Jährige, der beim DWD für den Bereich Klima und Umwelt zuständig ist. Daraus ergebe sich das mittlerweile veränderte Verhältnis von Hitzewarnungen und heißen Tagen.

Wann wird gewarnt?

Hitzewarnungen des DWD folgten keinen starren Regeln, erklärt Matzarakis. Und: „Wir geben die Warnungen für den heutigen und den morgigen Tag heraus, weil sich die Situation in sehr vielen Fällen rasch ändern kann,“ sagt er. Im Normalfall muss es an mindestens zwei aufeinanderfolgenden Tagen am frühen Nachmittag gefühlt 32 Grad haben, damit eine Hitzewarnung herausgegeben wird. Das und möglicherweise ein Häufung von mehreren heißen Tagen in Folge erklärt, warum es in den vergangenen Jahren weniger Warnungen als heiße Tage gegeben hat. Zudem wolle man es mit der Zahl der Warnungen nicht übertreiben, damit diese noch ihre Wirkung entfalten, heißt es beim DWD.

Auch die Temperatur in der Nacht spielt laut Andreas Matzarakis eine Rolle. Wenn Innenräume nicht mehr ausreichend heruntergekühlt werden können, ist der Schlaf nicht mehr erholsam und die Belastung für den Menschen steigt. Ab gefühlten 38 Grad am frühen Nachmittag spricht der DWD dann von einer extremen Wärmebelastung.

Weil der Mensch sich an solche Umweltfaktoren anpasst, kann auch die Jahreszeit eine Rolle spielen. So könne es sein, dass der Schwellenwert im Hochsommer höher ist, weil die Hitze schon zum Alltag gehört, sagt Matzarakis. Im Frühjahr oder Frühsommer können im Gegenzug bereits niedrigere Temperaturen als heiß empfunden werden, weil der Körper noch keine Zeit hatte, sich anzupassen.

Hier wird besonders oft gewarnt

In Baden-Württemberg wird nicht überall gleich oft vor Hitze gewarnt, wie die Daten seit 2011 zeigen. In den Landkreisen Heidenheim und Schwarzwald-Baar wird genauso häufig vor Hitze gewarnt wie im Bundesschnitt, nämlich neunmal im Jahr. In Stuttgart waren es im selben Zeitraum durchschnittlich 13 Hitzewarnungen pro Jahr, insgesamt 142. Das ist fast um die Hälfte mehr als im Bundesschnitt. Noch häufiger wird im badischen Landesteil entlang des Rheins vor Hitze gewarnt.

Seit 2017 berücksichtigt der DWD in seinen Warnungen besonders die Städte. Sie heizen sich stärker auf als ländliche Gebiete. Die folgende Karte zeigt, wo im Vergleich zum Bundesschnitt besonders häufig vor Hitze gewarnt wird:

Hitze kann vor allem bei älteren Menschen, bei Menschen mit Vorerkrankungen und bei Kleinkindern zu Hitzestress führen. Für diese Bevölkerungsgruppen können auch Temperaturen um 36 Grad eine extreme Belastung darstellen. In den Warnungen, die der DWD herausgibt, wird darauf explizit hingewiesen.

Andererseits bedeutet nicht jeder heiße Tag automatisch eine starke oder extreme Belastung für den Menschen. Deswegen warnt der DWD nur in Fällen, die eine potenzielle Gefahr für die Gesundheit darstellen. An solchen Tagen lautet die Empfehlung, viel zu trinken, sich in gekühlten Räumen aufzuhalten und körperliche Anstrengung zu meiden.

Zu den Daten

Kooperation
Diese Recherche auf Basis von Daten des Deutschen Wetterdienstes ist Teil einer Kooperation von ZEIT ONLINE, Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten sowie CORRECTIV.Lokal. Das Netzwerk recherchiert zu verschiedenen Themen und berichtet unter correctiv.org/klima langfristig über die Klimakrise. Weitere Infos zu Hitze in Deutschland: zeit.de/hitzetote

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