Kai Havertz ist in der Bundesliga mit seinem Wechsel zum FC Chelsea in bester Gesellschaft – Bundestrainer Joachim Löw begrüßt den Sprung seiner Nationalspieler ins Ausland.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Als Kai Havertz an der ruhmreichen Stamford Bridge in die Kamera grinst und sein neues blaues Trikot mit der für ihn ungewöhnlichen Rückennummer 3 hochhält, ist der peinliche Schreibfehler bei der offiziellen Transfermitteilung des FC Chelsea zuvor vergessen. „Kia“ Havertz hatte da gestanden – und das sorgte in den sozialen Medien auto-matisch für Hohn und Spott. „Ich kann es kaum erwarten, bis Kia Havertz neben Honda Ziyech, Chevrolet Pulisic und Tesla Werner spielt“, schrieb ein Scherzkeks bei Twitter. Doch das Wortspiel mit den Automarken zeigte auch: Trotz seiner astronomisch hohen Ablöse von 100 Millionen Euro muss sich der Hochbegabte aus der Talentschmiede von Bayer Leverkusen unter all den Topstars in der Premier League erst einen Namen machen.

 

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Die „BBC“ fragte: „Wer ist Kai Havertz?“ Immerhin klang die Antwort verheißungsvoll: „Der neue Michael Ballack und künftige Superstar, kurz ein „German Wunderkind“. Wobei eine Weltkarriere von Ballack in diesem Alter nicht absehbar war, der spätere deutsche Capitano dümpelte mit Anfang 20 in der Regionalliga herum. Was die Spielweise betrifft, passen die Parallelen schon eher: Havertz ist gesegnet mit einer Technik, die ihn erhaben wirken lässt, mit seinen 1,88 m Körpergröße und einer außergewöhnlichen Sprungkraft ist er in Kopfballduellen nur schwer zu schlagen.

Abgeklärtes Auftreten

Schon jetzt tritt er mit der Abgeklärtheit eines Veteranen auf. Nun also folgt der nächste Schritt – und der 21-Jährige teilte der Welt mit: „Ich könnte nicht stolzer sein.“ Der gebürtige Aachener ist nicht das einzige DFB-Juwel, das der Bundesliga Lebewohl sagt. Neben Timo Werner, für 53 Millionen Euro von RB Leipzig ebenfalls zum FC Chelsea, ist auch Robin Koch im Sommer zu Leeds United gewechselt, sein bisheriger Freiburger Teamkollege Luca Waldschmidt (alle 24) zu Benfica Lissabon.

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Joachim Löw findet den Abschied dieser Top-Spieler zwar schade für die Bundesliga und die deutschen Fans, grundsätzlich sieht der Bundestrainer den Transfer junger Spieler aber positiv: „Man fängt bei null an, egal, was man vorher erreicht oder gezeigt hat. Und das ist schon eine Persönlichkeitsschule“, sagte der 60-Jährige zum Wechsel auf die internationale Bühne und dem damit verbundenen Verlassen der Komfortzone. Die Profis kämen „in eine andere Lebenskultur, das hilft manchmal.“ In den letzten zehn Jahren habe er schon einige Spieler gesehen, die im Ausland gereift seien, ergänzte Löw. Jüngstes Paradebeispiel ist der Neu-Münchner Leroy Sané (24), der im Alter von 20 von Schalke 04 zu Manchester City gewechselt war und als Teamkollege von Ilkay Gündogan einen großen Schritt Richtung Weltklasse gemacht hat.

Wichtige Erfahrungen im Ausland

„Es fällt seit geraumer Zeit auf, dass deutsche Spieler wieder interessanter für ausländische Clubs geworden sind“, sagte Gündogan. Dies liege „an der qualitativ guten Ausbildung und auch an der Qualität des Bundesliga-Fußballs“. Es werde von den Spielern „wieder mehr realisiert, dass man im Ausland wichtige Erfahrungen sammeln kann“. Genau so sieht das auch Toni Kroos: Der Weltmeister von Real Madrid hält den Abschied aus dem gewohnten Umfeld für eine gute Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln: „Das macht einen als Spieler besser, das macht einen als Persönlichkeit besser“, erklärte der 30-Jährige. Es könne jedem nur gut tun, mit dem Druck umzugehen, sich gegen starke Konkurrenz durchsetzen zu wollen. Dazu komme eine andere Sprache.

Abitur 2017

Die dürfte für Havertz, der 2017 sein Abitur machte, kein Problem sein. Und seit dem Schreibfehler bei der Transfermitteilung hätte er bei den „Blues“ ohnehin einen gut.