Wer an der Dualen Hochschule theoretische und praktische Ausbildung kombiniert, muss besonders leistungsfähig sein. Als Lohn der Mühe winken allerdings sehr gute Perspektiven für den Job.

Stuttgart - Abends lernen wir, Studipartys gibt es bei uns praktisch nicht, und wenn andere Studierende Semesterferien machen, gehen wir zur Arbeit.“ Rebecca Spohn (28) studiert an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Industrie. Sie ist davon überzeugt, dass man als Student der Dualen Hochschule eine überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft an den Tag legen muss.

 

Die enge Verbindung zwischen Theorie und Praxis lässt gar nichts anderes zu. Alle drei Monate wechseln die Phasen an der Hochschule und im Unternehmen. Von Semesterferien ist keine Rede, es gibt 30Tage Urlaub, wie für andere Arbeitnehmer auch. „Während der zwölf Wochen an der Hochschule hat man praktisch kein Privatleben“, sagt Rebecca Spohn. Die Ludwigsburgerin hatte einen Schnitt von 1,3 im Abi, doch an die Uni hat es sie nicht gezogen, sondern zu Mann und Hummel.

Bis zu 90 Prozent werden von den Firmen übernommen

Auch nicht Tobias Kern (20), der sogar 1,0 vorweisen kann. Beide überzeugt die Kombination von Theorie und Praxis. Sie sind überzeugt, dass sie mit ihrem dreijährigen dualen Studium leichter im Unternehmen Tritt fassen als Absolventen der Unis und der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Sie sind ja schon dabei. „Der Einstieg ist nur ein Übergang“ sagt Tobias Kern, der angehende Wirtschaftsingenieur aus Fulda. Das Netzwerk ist schon geknüpft. Das erleichtere den Start.

Das Studium an der Dualen Hochschule eröffnet gute bis sehr gute Karrierechancen. Das zeigt eine Studie der Universität Tübingen. Zwischen 80 und 90 Prozent der Absolventen werden sofort nach Studienabschluss von ihren Unternehmen übernommen. Manche machen die ganz große Karriere. So wie Thomas Edig, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Porsche. Er gehörte 1986 zu den Absolventen der damals noch als Berufsakademie firmierenden Einrichtung. Die Entscheidung für die Berufsakademie sei ihm nicht schwergefallen, sagt Edig. „Sie war der einzige Studienort, der theoretisches Wissen mit praktischer Anwendung verknüpft hat.“ Das habe ihn hervorragend auf seinen beruflichen Werdegang vorbereitet: „Das war außerordentlich motivierend, weil ich jeden Tag im Betrieb gesehen habe, wofür ich mir die Theorie aneigne.“

Stellenwert der Dualen Hochschule ist stark gestiegen

Diese Einschätzung teilen die heutigen Studenten. Zudem ist der Stellenwert der Dualen Hochschule seit ihren Anfängen in den 70er Jahren stark gestiegen. Zu Beginn galt sie nicht als gleichwertiger Partner im Hochschulsystem. Inzwischen gibt es für das Bachelorstudium an der DHBW sogar mehr Leistungspunkte als an den anderen Hochschulen. Statt der dort üblichen 180 ECTS-Leistungspunkte erhalten DHBW-Bachelor 210 Punkte, betont Edig, der inzwischen als Honorarprofessor an der DHBW engagiert ist. Dieser Vorsprung wird auf ein Masterstudium angerechnet.

Dass die duale Hochschule der Ausbildungsort für die breite Masse wäre und die Uni der Elite vorbehalten wäre, verneint Jochen Kramer von der Uni Tübingen. Beide Institutionen seien attraktiv für leistungsstarke Abiturienten. Viele glauben inzwischen gar, dass die besten Studenten an die duale Hochschule gehen.

Daimler konnte nur drei Prozent der Bewerber nehmen

Das mögen Unternehmen und Wissenschaft so direkt nicht bestätigen. Man gewinne Talente aus allen Hochschularten, betont Valerie Dollinger von Daimler. Ein Kriterium für die Güte der DHBW-Studenten ist allerdings, dass sie sich nicht einfach immatrikulieren können, sondern zumindest bei den Konzernen aufwendige Auswahlverfahren durchlaufen müssen. Bei Daimler bewarben sich im vergangenen Jahr 8400 Interessenten auf die 230 Studienplätze, bei Bosch gab es rund 5000 Bewerbungen auf ebenfalls 230 Plätze. Dabei komme es gar nicht so sehr auf die Abiturnote an, vielmehr sei der Gesamteindruck aus den Auswahlverfahren entscheidend, sagt Siegfried Czock, der Ausbildungsexperte bei Bosch.

Der Einstieg gilt dann als perfekt. Ob die langfristigen Karriereverläufe auch erfolgreicher sind als die anderer Hochschulabsolventen, lassen die Wissenschaftler offen. Dazu fehle es an Untersuchungen.