Im Hochzeitsparadies Rechberghausen konkurrieren Einzelhändler und Discounter um die besten Flächen rund um das Rathaus – und die Gastronomie schwächelt.

Region: Corinna Meinke (com)

Rechberghausen - Was ist eigentlich aus dem Hochzeitsparadies im Schurwalddorf Rechberghausen geworden, das seit 20 Jahren mit seinem 24-Stunden-Trau-Service wirbt? Seitdem in der als Hochzeitshaus betitelten Schlossgalerie am Rathaus immer weniger Dienstleistungen rund ums Heiraten angeboten werden, scheint der Lack etwas zu blättern. Neuen Glanz verspricht wenige Meter entfernt eine neu eröffnete Trachtenmanufaktur.

 

Seit 1997 hat sich die Zahl der Trauungen fast verzehnfacht

Eigentlich ist vom ursprünglichen Hochzeitshaus in der Schlossgalerie nur noch das Brautmodengeschäft von Senni Ayman übrig geblieben, die Bräute mit Roben auch nach Maß, der passenden Frisur und einem festlichen Make-up ausstattet. Im benachbarten früheren Fotostudio wird heute für Fenster geworben, und in die frühere Boutique auf der anderen Seite soll ein Reisebüro einziehen.

Anfangs habe sie gemeinsam mit den Betreibern des Cafés und der ehemaligen Modeboutique Hochzeitsmessen im Rathaus organisiert. Dann kam der Elan zum Erliegen. Das Café schloss, die Boutique wurde zum Outlet und zog schließlich ganz aus. Vom großen Zulauf bei den Trauungen im Ort profitiere sie nicht, sagt Ayman. Ihre überwiegend auswärtige Kundschaft heirate in der Regel nicht in Rechberghausen. Laufkundschaft verirre sich selten her, während es im Discounter im Untergeschoss und im Drogeriemarkt gegenüber nur so brumme. Dessen ungeachtet seien Trauungen in Rechberghausen weiterhin ein echter Selbstläufer, erklärt dagegen Claudia Dörner selbstbewusst. Die Bürgermeisterin hat beim Blick auf die Statistik seit den Anfängen im Jahr 1997 fast eine Verzehnfachung der Eheschließungen festgestellt – und sie rechnet damit, in diesem Jahr noch die 500 er Marke zu knacken.

Paare heiraten gerne im Advent und an Silvester

An den Adventswochenenden stünden die Ja-Sager regelrecht Schlange, wenn das historische Rathaus von Hunderten von Teelichtern illuminiert werde. Und an Silvester trauten die Standesbeamtinnen im Halbstundentakt. Schnell belegt seien auch die Open-Air-Termine im grünen Trauzimmer auf dem ehemaligen Gartenschaugelände. Nur die Pfingstrosentrauung habe man abschaffen müssen wegen des großen Aufwands mit den Frischblumen.

Auch die Verwaltungschefin bedauert den gastronomischen Leerstand in der Schlossgalerie, hofft aber wenigstens für den gemeindeeigenen nahen Ochsensaal bald einen Pächter präsentieren zu können. Über einen Interessenten müsse nun der Gemeinderat befinden.

Alpiner Look für jeden Anlass

„So was wie der Göppinger Andechser wäre gut, das würde laufen“, meint Alexander Berger zu dem leer stehenden Café . Zusammen mit seiner Frau Heike hat der Ingenieur den Gebäuderiegel entlang der Hauptstraße erstellt und sich mit dem Ladengeschäft Allgäulilie in zentraler Toplage nahe der Schlossgalerie einen Traum erfüllt, bekennt das Paar, das dort alltagstaugliche Mode im alpinen Look verkauft.

Begonnen habe alles mit selbst entworfenen Taschen aus Wollfilz, die mit gestickten und speziell gelaserten Schriftzügen versehen sind. Neben Lederhosen und Dirndl hängen nun auch Jeans, Röcke, Leinenhemden, Bikerjacken und Westen bekannter Marken bereit. Für ihre Liebe zum Allgäu und die alpine Lebensart wollen die Bergers nun in ihrem schwäbischen Heimatort einstehen und zeigen, dass das zusammenpasst.