Das Gartenbauamt befürwortet ein Ende der Konzertreihe Ende 2018 wegen der Belastung für Park, Besucher und Anwohner und wegen hoher Sanierungskosten. Aber finden die Pläne auch eine Mehrheit im Gemeinderat?

Stuttgart - Der Verwalter des Höhenparks Killesberg befürwortet eine Schließung der Freilichtbühne. Das betont das Garten-, Friedhofs- und Forstamt in einer Vorlage an den Gemeinderat. Darin werden Sanierungskosten von zwei Millionen Euro für eine der schönsten Open-Air-Spielstätten Deutschlands denen eines Rückbaus von etwa einer halben Million Euro gegenübergestellt.

 

Organisatorische Probleme werden ebenso als Begründung genannt wie Anwohnerbeschwerden und die Sorge um den Park als „großes und einziges gut erhaltendes Beispiel für die Gartenbaukunst der 30er Jahre“ wegen der Lastwagenfahrten bei An- und Abbau. Der Vorschlag wird nach StZ-Informationen keine Mehrheit in den Haushaltsberatungen finden. Dahin hat man die Diskussion über die Renaturierung der 1939 zur Reichsgartenschau angelegten „Veranstaltungsmulde“ vertagt. CDU und Grüne, die über eine Mehrheit im Gemeinderat verfügen, gehen davon aus, dass die Freilichtbühne weiter von SKS Russ, dem Music Circus und C2 Concerts bespielt wird.

Verantwortliche verweisen auf spätere Debatte

Die Verantwortlichen halten sich bedeckt. Gartenbauamtsleiter Volker Schirner verweist auf die Debatte im Herbst. Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) hat die Vorlage unterschrieben, bemerkt aber dazu, es handele sich um den Vorschlag des Fachamts, der in den Etatberatungen aufgerufen werde.

Der 50 Hektar große Killesberg ist für die Behörde einer der herausragenden Parks in Stuttgart, nicht zuletzt wegen seiner Blütenpracht, deren aufwendige Pflege der Rathausspitze ein Dorn im Auge ist. Laut der Streichliste von OB Fritz Kuhn (Grüne) sollten Beete verkleinert und durch Dauergrün ersetzt werden. Angesichts eines Überschusses 2016 von 231 Millionen Euro erntete Kuhn dafür vor allem Kritik.

Sommerabende unter dem Sternenhimmel

Nicht besser ergeht es der Verwaltung nun mit den Schließungsforderungen für die Freilichtbühne, wo auch in diesem Jahr wieder zehn Konzerte – von Art Garfunkel über Hip-Hop-Star Lil Wayne und Schlagersängerin Beatrice Egli bis „La Traviata“ – in magischer Atmosphäre stattfanden und noch stattfinden. „Die Sommerabende unterm Sternenhimmel besitzen einen Zauber, der an keinem anderen Ort entstehen kann“, sagt Christian Doll von C2, der die Argumente nicht nachvollziehen kann.

Er spricht von einem guten Einvernehmen mit den Anwohnern. Sie erhielten Gratiskarten und könnten sicher sein, dass um 22 Uhr Schluss sei. Jörg Klopfer, Sprecher der städtischen Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart, die die Bühne betreibt, verweist auf den von den Veranstaltern gemeinsam zu Saisonbeginn vorgenommenen Bühnenaufbau, der die Lasterfahrten reduziere. Und er lässt nicht unerwähnt, dass erhebliche Mittel in die Infrastruktur geflossen seien. Die Verwaltung beziffert die Kosten auf 326 000 Euro seit 2006. 2016 wurden 89 000 Euro in die Bühnenerneuerung gesteckt.

Sparda würde als Sponsor weitermachen

Fünf Jahre lang beteiligte sich die Stiftung Kunst und Kultur der Sparda-Bank mit je 25 000 Euro an den Kosten. Das Amt meint nun, mit einer solch maroden Freilichtbühne verbiete es sich, mit der Bank und mit in.Stuttgart über eine Verlängerung der Zusammenarbeit über 2018 hinaus zu verhandeln. Die Begründung vermag Sparda-Sprecher Andreas Küchle nicht nachvollziehen, denn die Verlängerung sei mit der in.Stuttgart bereits verhandelt, es fehle nur die Unterschrift des Vorstands. Auch Küchle schwärmt vom Kleinod und der unvergleichlichen Atmosphäre. Er sagt, so viele Veranstaltungsstätten für Konzerte für 1500 bis 4500 Besucher habe Stuttgart nicht, dass man sich die Schließung erlauben könnte.

Gartenbauamt bekommt zu wenig Geld

Das Gartenbauamt erklärt, die Sanierungskosten „aus eigenen Mitteln finanziert“ zu haben. Das sei nicht mehr möglich. Die Behörde leidet besonders unter dem Spardiktat der Rathausspitze. Der Maschinenpark ist veraltet, der Pflegeaufwand wächst, nicht jedoch der Personalstamm. Wollte man den Spielbetrieb über 2018 hinaus gewährleisten, müsse die Freilichtbühne, auch aus Gründen der Betreiberhaftung und Verkehrssicherheit, baulich grundlegend saniert werden. Das würde rund zwei Millionen Euro kosten. Zum Vergleich: Die Sanierung der Oper wird mit rund 500 Millionen Euro veranschlagt, ein hinterher abzureißendes Provisorium mit 35 Millionen Euro.

Die Behörde nimmt mit der Vorlage bereits den dritten Anlauf, in Haushaltsberatungen Geld für die Sanierung zu erhalten. Diesmal stehen die Chancen gut. Jürgen Sauer und Andreas Winter, kulturpolitische Sprecher von CDU und Grünen, die eine Mehrheit im Rat haben, können sich eine Schließung nicht vorstellen. Sie halten eher eine Ausweitung des erfolgreichen Konzertsommers für denkbar.

Die Argumente des Gartenbauamts

Laut Gartenbauamt weist die Freilichtbühne Sicherheitsmängel auf. Betonfertigteile der Tribünenkonstruktion bildeten Fugen, es gebe Stolperkanten zwischen Treppen und Tribüne. Die Mauer zur Hangabsicherung gehöre stabilisiert. Man brauche zudem Kabelkanäle. Die Andienung mit Lastwagen und Nachbussen bereite „aus Sicht der Parkpflege“ Probleme. Für die Besucher sei das gefährlich, bei Auf- und Abbau sei der Erholungswert eingeschränkt. Die Wege seien nicht für Laster ausgelegt, der Höhenpark nicht für so große Konzerte. Der Eventstandard werde dem Denkmal nicht mehr gerecht. Durch einen Rückbau könnten für die Besucher die Gartenschaujahre von 1950 bis 1961 erlebbar gemacht werden. Dafür würden Kioske und Veranstalterbüros entfernt. Wege, Zäune und Tore müssten weichen.