Warum der Weltkriegsroman „Das Ende der Paraden“ von Ford Madox Ford besser gehört als gelesen wird: Grandioses Sprachgewitter mit Jens Harzer und Anna Drexler, Bibiana Beglau und Felix Goeser.

Bauen/Wohnen/Architektur : Nicole Golombek (golo)

München - Im Sommer wird man faul. Warum selber lesen, wenn man sich Texte vortragen lassen kann? In dieser Serie stellen wir Hörbücher und Hörspiele mit großartigen Schauspielern vor. Heute mit einem ganzen Ensemble, angeführt von Jens Harzer, der kürzlich als Achilles bei den Salzburger Festspielen in Heinrich von Kleists „Penthesilea“ begeisterte.

 

Mit leichter Resignation im Ton gibt Jens Harzer den Erzähler in der stimmgewaltigen Hörspielproduktion des Bayerischen Rundfunks „Das Ende der Paraden“ von Ford Madox Ford (1873-1939). Die Tonlage passt. Schließlich spielt der Roman zu einer Zeit, in der das Ende der Welt nahe schien: Erster Weltkrieg, davor, während und danach. Chaos und Verzweiflung an der Front und daheim in England.

Felix Goeser und Bibiana Beglau als verkrachtes Paar

Felix Goeser, der in Stuttgart als Platonow im gleichnamigen Tschechow-Drama in Stuttgart bekannt wurde und inzwischen Ensemblemitglied in Berlin am Deutschen Theater ist, spielt den Helden. Ein Anti-Platonow. Einer, der die Welt nicht hasst und viel disziplinierter auf die Zumutungen des Lebens reagiert. Sein Christopher Tietjens ist ein Gentleman, der sich seine Gefühle möglichst nicht anmerken lassen will. Das kann Goeser hervorragend: mit gepresster Stimme die unterschwellige Erregung gerade noch so zu zügeln – man meint, die soldatische Haltung, das nur innerliche Augenrollen geradezu zu sehen.

Schauspielerin aus Filderstadt

Bibiana Beglau, Schauspielerin des Jahres 2014 für Castorfs Inszenierung von „Reise ans Ende der Nacht“ und bekannt aus Kinofilmen wie Schlöndorffs „Die Stille nach dem Schuss“, ist eine Idealbesetzung als neurotische, enervierende Gattin Sylvia. Eine, die mit dunkler Stimme Gemeinheiten ausspuckt und ihren Mann quält, so gut sie kann, dabei aber auch ihre Verletzlichkeit offenbart. Die Ehe ist am Ende, sie betrügt ihn, und er liebt eine andere, die junge Valentine Wannop. Anna Drexler, 1990 in Filderstadt geboren und an den Münchner Kammerspielen in Johan Simons’ Intendanzzeit bekannt geworden, leiht ihr die Stimme, sanft, nachdenklich, eindrucksvoll.

Krach, Zisch, Peng, Bumm: Wortgewitter

Neben Ehekrieg immer wieder echter Krieg: krach, zisch, peng, bum. Klaus Buhlert hat seiner klugen Hörspielbearbeitung auch eigene Kompositionen unterlegt. Ein kreischender Mix aus fragmentierten Sätzen, maschinengewehrartig ratternden Wortwiederholungen. Ein Wortgewitter, das gelegentlich gewollt wirkt. Dass hier den Menschen die Welt um die Ohren fliegt, wird dem Zuhörer in den knapp sechs hörenswerten Stunden auch so eindrücklich klar.

Info

Ford Madox Ford:
Das Ende der Paraden. Hörspielbearbeitung von Klaus Buhlert. Der Hörverlag. 7 CDs, 5 Stunden, 52 Minuten, 30 Euro.