Werden den kleinen Parteien in Baden-Württemberg – gerade unter Corona-Bedingungen – unverhältnismäßig hohe Hürden bei der Zulassung zur Landtagswahl zugemutet? Linkspartei, Freie Wähler, ÖDP, „die Partei“ und Piraten wollen klagen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Mehrere Kleinparteien haben eine Klage gegen das Landtagswahlgesetz vor dem Verfassungsgerichtshof angekündigt. Grund ist die, wie sie finden, „unverhältnismäßig hohe Hürde“ in Baden-Württemberg, denn pro Wahlkreis müssen mindestens 150 Unterstützungsunterschriften für einen Kandidaten gesammelt werden und landesweit insgesamt 10 500 Unterschriften, um bei der Wahl am 14. März 2021 antreten zu dürfen. Dies sei mehr als in den anderen Ländern und eine „unzulässige Beschränkung des Wahlrechts“, finden die Linkspartei, die Freien Wähler, die ÖDP, „die Partei“ und die Piraten. Zudem habe es der Landtag versäumt, Online-Sammlungen zuzulassen. Der Antrag wird gegen das Parlament als Gesetzgebungsorgan gerichtet und soll bis Mitte August erfolgen.

 

Unterschriftensammler als „Superspreader“

Gerade infolge der Pandemie seien die Vorgaben kaum zu erfüllen, monieren die potenziellen Kläger. Die bisher üblichen Wege würden entfallen, weil Corona die Versammlungen erschwere. Geschildert wird, wie schwierig es derzeit ist, Räumlichkeiten für Parteiversammlungen zu finden. Linken-Geschäftsführerin Claudia Haydt warnt vor einer Gesundheitsgefährdung aller Beteiligten: „Wir schicken Superspreader los“, sagte sie mit Blick auf Ansteckungsgefahren bei der Sammlung von Unterschriften. „Auch wir haben Personen, die den Risikogruppen angehören“, ergänzt Borys Sobieski, Landeschef der Piratenpartei. „Ein normaler Wahlkampf ist so nicht mehr möglich.“

Ziel der Antragsteller ist es, die Hürde auf 50 erforderliche Unterschriften pro Wahlkreis abzusenken – so wie es in Hessen praktiziert wird – und landesweit auf 2000 Unterschriften für die Zulassung in allen Wahlkreisen. Bernd Barutta von der Landesvereinigung der Freien Wähler zeigt sich zuversichtlich: „Die Erfolgsaussichten sind sehr hoch“, sagt er. Immerhin hätten andere Bundesländer wie zuletzt der Landtag von NRW zur Kommunalwahl im September ihre Regelungen schon an die Corona-Lage angepasst.

Strobl lässt Riexinger ins Leere laufen

Bei den Landtagsfraktionen und dem zuständigen Innenminister Thomas Strobl (CDU) sehen die Kleinparteien „keinerlei Gesprächsbereitschaft“, eine Wahlrechtsänderung auf den Weg zu bringen. Einen entsprechenden Brief von Linkspartei-Chef Bernd Riexinger hat Strobl abschlägig beantwortet. „Im Verhältnis zur Anzahl der Wahlberechtigten im Wahlkreis sind die Regelungen Baden-Württembergs (...) im Vergleich zu den meisten anderen Ländern nicht überdurchschnittlich anspruchsvoll“, schreibt der Innenminister. Ferner seien Aufstellungstreffen und Unterschriftensammlungen im Zuge der Lockerungen „wieder leichter möglich“. Bis zum Einreichungsschluss am 14. Januar 2021 bleibe noch ein „erheblicher Zeitraum“. „Irritiert“ reagiert Jörg Lesser von „Die Partei“: „Hat Strobl noch nie Unterschriften gesammelt – weiß er nicht, wie schwierig das ist?“