Die Bundesregierung will Banken vorschreiben, Kunden über günstigere Alternativen zu informieren, wenn diese regelmäßig ihr Girokonto überziehen. Den Verbraucherschützern gehen diese Pläne nicht weit genug.

Frankfurt - Die Bundesregierung will mit einem neuen Verbraucherschutzgesetz die Kunden von Banken vor überhöhten Kosten schützen. Nach dem Gesetzentwurf sollen die Geldinstitute verpflichtet werden, ihre Kunden bei einer längerfristigen Überziehung des Kontos auf günstigere Kredite hinzuweisen. Das Beratungsangebot muss kostenlos sein. Außerdem müssen Banken über die Höhe ihrer Dispozinsen auf ihrer Website gut sichtbar informieren. Vor allem Letzteres war in der Vergangenheit den Verbraucherschützern ein Dorn im Auge, denn die Konditionen für die Überziehung des Girokontos werden bei den meisten Instituten bis jetzt nicht deutlich sichtbar. Andererseits hatten auch führende Banker, wie etwa Commerzbank-Chef Martin Blessing, wiederholt darauf hingewiesen, dass der sogenannte Dispositionskredit nur als Überbrückungshilfe gedacht sei. Wenn dieser längere Zeit in Anspruch genommen werde, sollte die Bank ihre Kunden auf andere Möglichkeiten hinweisen.

 

Vergleiche sollen leichter werden

Dem Gesetzentwurf zufolge müssen die Banken auf die Kunden zugehen, wenn der Dispositionsrahmen über einen Zeitraum von sechs Monaten zu durchschnittlich mehr als 75 Prozent ausgeschöpft wird. Dasselbe gilt bei einer geduldeten Überziehung über drei Monate, wenn durchschnittlich mehr als 50 Prozent des monatlichen Geldeingangs auf dem Konto in Anspruch genommen werden. „Viele Menschen wissen oft gar nicht, dass es preisgünstigere Alternativen gibt“, sagte Justiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD). Die Verpflichtung, die Dispozinsen so zu veröffentlichen, dass die Kunden die Angaben leicht finden können, werde Vergleiche erleichtern.

Nach Ansicht der Verbraucherschützer geht der Gesetzentwurf jedoch nicht weit genug. „Die Erwartung, dass Banken die gesetzlich auferlegte Beratungspflicht dafür nutzen, dass ihre Kunden anschließend weniger Zinsen bezahlen, halte ich für naiv. Solange hier Verkauf stattfindet statt Beratung, wird Ziel eines jeden Verkaufsgesprächs sein, die Marge der Bank zu erhöhen“, kritisiert Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale in Baden-Württemberg. Wenn die Bank etwa einen Dispokredit mit Zinsen von zehn Prozent in einen Ratenkredit mit nur fünf Prozent Zinsen, aber zwei Jahren Laufzeit umschulde, sei dem Verbraucher nicht geholfen. Der Dispozins wird nur für die Tage berechnet, an denen das Konto überzogen ist. Wenn neue Zahlungen auf das Konto kommen, wird der absolute Zinsbetrag für die meisten Kunden niedrig bleiben. Einige Verbraucherschützer fordern eine Deckelung der Zinssätze für die Überziehungskredite.

Lob von den Banken, Kritik von den Verbraucherschützern

Die Deutsche Kreditwirtschaft begrüßte den Vorschlag der Bundesregierung, das Beratungsangebot nur an Kunden zu richten, die den Dispositionskredit über einen längeren Zeitraum und in einem erheblichen Umfang nutzen. Auf diese Weise werde sichergestellt, dass die neue Maßnahme zielgerichtet dort eingesetzt wird, wo tatsächlich Probleme bestehen können.

Auch mit dem zweiten Baustein des Gesetzentwurfs sind die Verbraucherschützer nicht zufrieden. Dabei geht es um mehr Sorgfaltspflicht der Kreditinstitute bei der Vergabe von Immobilienkrediten. Die Kreditgeber werden verpflichtet, die Kunden künftig streng auf Kreditwürdigkeit zu prüfen, bevor sie ein Darlehen gewähren, denn mit einem Kredit für den Kauf eines Hauses oder einer Wohnung geht der Käufer häufig ein großes finanzielles Risiko ein. Der Kreditvertrag soll künftig jederzeit kündbar sein, wenn die Bank nachweislich gegen ihre Pflichten verstoßen hat. Nach Ansicht von Verbraucherschützer Nauhauser ist das nur ein Papiertiger. „Kurzum: es ist mal wieder ein Kompromiss, bei dem nach meiner Einschätzung die Interessen der Finanzlobby Vorfahrt haben vor den Interessen der Verbraucher. Ich erwarte nicht, dass dadurch die Probleme, die wir täglich in der Beratungspraxis sehen, gelöst werden.“