Wegen der Corona-Krise hat die Körschtalschule in Stuttgart-Plieningen ein neues Lernkonzept erstellt – und stößt auf Begeisterung. Denn die Schüler gieren danach, wieder gemeinsam zu lernen.

Plieningen - Wenn Anouk an die Zeit denkt, in der sie zu Hause lernen und Hausaufgaben machen musste, verzieht sie das Gesicht. „Das war echt anstrengend. Ich hatte viel mehr Stress, weil meine Mama immer geschaut hat, was ich mache, und ich hatte niemanden, der mir helfen konnte, wenn ich bei einer Aufgabe nicht weitergekommen bin.“ Was die 15-jährige Plieninger Körschtalschülerin beschreibt, kennen viele Schüler inzwischen aus dem Effeff. In der Corona-Zeit lernten sie alle das Home-Schooling kennen. Um Schüler aufzufangen und ihnen Unterstützung zu geben, hat sich die Körschtalschule zusammen mit der Evangelischen Gesellschaft (Eva) ein neues Konzept ausgedacht.

 

„Wir haben außerschulische Lerngruppen gebildet, in denen die Schüler in einer ruhigen Atmosphäre ihre Aufgaben erledigen können und dabei betreut werden“, erklärt die Schulleiterin Stefanie Lenuzza. „Denn wir möchten allen Schülern trotz Corona das bestmögliche Lernen ermöglichen.“ In den Lerngruppen ist Platz für 32 Schüler der Jahrgangsstufe fünf bis acht, die von Montag bis Donnerstag in zwei Zeiträumen lernen dürfen. „Anfangs fanden die Lerngruppen in der Schule statt, bis uns dort der Platz ausging“, sagt Hannes Germann, der Teamleiter der Ganztagsbetreuung an der Schule. „Daraufhin kontaktierten wir die evangelische Gemeinde in Plieningen und wurden hier ganz herzlich aufgenommen.“ Statt Kinderturnen oder Gebetskreise wird nun in den Räumen der Gemeinde gelernt.

Eine große Hürde beim Home-Schooling

Die Schüler kommen für zweieinhalb Stunden ins Gemeindehaus. In dieser Zeit können sie die Aufgaben lösen, die sie von ihren Lehrern bekommen haben. Vor Ort ist ein Ganztagspädagoge, der den Schülern zur Seite steht. An diesem Tag ist das Bettina Müller: „Den Schülern hilft schon die Gewissheit, dass ich da bin“, sagt sie. „Sie können dann einfach schnell fragen, wenn sie nicht weiterkommen.“ Zu Hause sei das oft eine große, demotivierende Hürde.

Das Konzept der Lerngruppe läuft so gut, dass fast alle Schüler freiwillig hier sind: „Ganz viele Schüler sagen, sie sind so froh, endlich wieder normal lernen zu dürfen, und sind dabei auch sehr motiviert“, erzählt Müller. Außer von den Ganztagspädagogen werden die Schüler auch von Schulsozialarbeitern unterstützt. „Bei vielen Kindern läuft zu Hause total viel ab, und das erzählen sie uns auch, weil sie einfach jemanden brauchen, mit dem sie sprechen können“, sagt Kirstin Mögelin, Schulsozialarbeiterin an der Körschtalschule. „Durch die Lerngruppen haben wir aber natürlich auch endlich wieder einen Zugang zu den Schülern, der ja aufgrund der Pandemie lange Zeit verschlossen war.“

Endlich wieder mit jemandem austauschen

Für die 15-jährige Raghad sind die neuen Lerngruppen eine Riesenerleichterung: „Mir fällt es hier viel leichter, meine Aufgaben zu machen, weil ich nicht gestört werde und mich konzentrieren kann“, sagt sie. Außerdem gefalle es ihr, hier ganz ohne Druck lernen zu können: „In der Schule muss man sich immer auf ein Fach konzentrieren und nur dafür etwas machen“, sagt sie. „Hier kann ich verschiedene Fächer kombinieren. Ich kann mir für manches mehr Zeit nehmen und anderes schneller erledigen.“

Ihre Klassenkameradin Mia genießt vor allem den Kontakt zu ihren Mitschülern: „Wir können uns einfach austauschen, wenn wir etwas nicht verstehen und unsere Ergebnisse miteinander vergleichen.“ Denn eines hat die Achtklässlerin aus der Home-Schooling-Zeit gelernt: „Es ist sehr trüb daheim.“