Schulkinder sind in Flüchtlingswohnheimen vom digitalen Lernen abgehängt. Dem Jugendhilfeausschuss legte der Chef des Schulverwaltungsamts dar, warum das absehbar so bleibt. Die Kommunalpolitiker sind damit nicht zufrieden, aber die Stadt präsentiert keine Lösung.

Stuttgart - Der Gemeinderat hat 50 000 Euro bewilligt, damit die Flüchtlingswohnheime in der Stadt, insbesondere die Schulkinder dort, Zugang zum Internet bekommen. Doch die Umsetzung liegt in weiter Ferne.

 

Die Liga der Wohlfahrtspflege hatte darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung mit den Mobilfunkanbietern über SIM-Karten-Lösungen verhandelt habe, die für circa zehn Euro pro Monat den Zugang zum Internet gewähren würden. Die Stadt Kirchheim (Kreis Esslingen) habe allen Schülern ohne WLAN-Zugang einen solchen verschafft mittels des Zehn-Euro-Datenpakets beziehungsweise mittels eines Routers, der für definierte Endgeräte programmiert werden könne, aber die etwas teurere Lösung sei.

Juristische Bedenken

Andreas Hein, der Leiter des Stuttgarter Schulverwaltungsamts, hat nicht nur die Schulkinder aus den Flüchtlingsheimen, sondern all jene im Blick, die zu Hause keinen Internetzugang haben. Er hält die Kirchheimer Lösung für eine Großstadt wie Stuttgart für „nicht praktikabel“. Die Stadt müsste jedes einzelne Endgerät an diese Router anschließen und sei in der Haftung, „ohne kontrollieren zu können, was heruntergeladen wird“. Das sei insbesondere bei Urheberrechtsfragen kritisch. „Dafür bräuchten wir ein extra Amt“, so Hein.

Schulbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) verteidigte das Vorgehen der Verwaltung: „Wir haben nicht ein einziges Mal geknausert, wenn es um Corona ging im Jugendhilfeausschuss. Es ist nicht eine Frage des Preises, sondern der personellen Ressourcen; wir müssen entscheiden: machen wir mit der Digitalisierung an den Schulen weiter oder kümmern wir uns um solche Router? Wir haben uns für Ersteres entschieden“, sagte sie und verwies auf Alternativen wie Präsenzunterricht für Einzelfälle, Internetzugang in Jugendhäusern, das Lernmobil und Lernräume. Von letzteren gibt es aber erst „drei bis vier“, räumte Fezer ein. Dennoch: „In keiner Schulart gebe es Kinder, die nicht erreicht worden seien“, zitierte Hein aus einer Anfrage bei den geschäftsführenden Schulleitern und dem Staatlichen Schulamt.

Unmut in den Reihen des Ausschusses

Die Stadträtinnen Gabriele Nuber-Schöllhammer (Grüne) und Jasmin Meergans (SPD) waren mit dieser Antwort unzufrieden: „Ich habe das Gefühl, dass wir es mit vielen Bedenkenträgern zu tun haben“, so die Grünen-Stadträtin, „die Juristen sollen eine Lösung erarbeiten, statt immer nur Vorschläge abzulehnen“. Klaus Käpplinger von der Liga der Wohlfahrtspflege sagte, man sei „enttäuscht von der Antwort der Verwaltung, weil sie keine Lösungsschritte benennt“. Es gebe pragmatische Lösungen, „aber wir drehen eine weitere Schleife“. Auch nach Corona brauche man angesichts der Wohnungsnot eine solide Ausstattung der Heime.