Bei der Polizei werden erste angebliche Sichtungen gemeldet. Ein Sprecher rät zur Besonnenheit – und erklärt, was bei gruseligen Begegnungen zu tun ist.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Rems-Murr-Kreis - Auch aus dem Landkreis gehen Meldungen über angebliche Horror-Clown-Sichtungen ein. Wir sind der Sache nachgegangen:

 
Sind im Rems-Murr-Kreis schon Gruselclowns gesichtet worden?
Auch das Polizeipräsidium Aalen beschäftigt sich mit dem Phänomen der sogenannten Horrorclowns, die anderen makabre Streiche spielen. „Etwa eine Handvoll“ entsprechender Anrufe seien aus dem Rems-Murr-Kreis eingegangen, sagt der Polizeisprecher Bernhard Kohn. Im Ostalbkreis sei das Phänomen aber verbreiteter. Oft kämen die Hinweise von Schulkindern, die Internet-Falschmeldungen aufgesessen seien. Tatsächlich gibt es Webportale wie „24aktuelles.com“, die nur dem Zweck dienen, ihre Leser mit Fake-Nachrichten in die Irre zu führen – was viele nicht daran hindert, die Falschmeldungen weiter zu verbreiten. „Ich will aber nicht sagen, dass an keiner der Meldungen etwas dran war“, so Kohn. Verkleiden könne sich schließlich jeder. Einen Clown ertappt habe die Polizei allerdings noch nicht, auch zu tätlichen Angriffen sei es nicht gekommen.
Ist das Phänomen mit der Clownsmaske ganz neu?
Schon vor mehr als einem Jahr hatte es in Winnenden einen ähnlichen Fall gegeben. Ende August 2015 machten Jugendliche Jagd auf einen Mann in Clownsmaske, der mit einem Messer bewaffnet gewesen sein soll. Auch ein unscharfes Handyfoto der Gestalt tauchte auf. Die Hatz weitete sich auf die sozialen Onlinenetzwerke aus – mit dem Ergebnis, dass einen Monat später eine Falschmeldung die Runde machte, in Kernen seien zwei Menschen umgebracht worden. Die Polizei sprach damals von einer „Massenhysterie im Kleinformat“. Wer hinter dem Kostüm gesteckt haben könnte, wurde bis heute nie geklärt.
Ist ein gruseliger Auftritt strafbar?
Der Polizeisprecher Bernhard Kohn stellt klar: „Es mag unterschiedliche Geschmäcker geben – doch es ist nicht strafbar, sich eine Maske überzuziehen.“ Der Trend zur Gruselmaske lasse die Zahl der Straftaten nicht ansteigen. „Wer nicht ohnehin zu Straftaten bereit ist, lässt sich durch einen Internet-Hype nicht dazu verleiten.“ Die Stufe zur Straftat wird überschritten, sobald ein Erschreckter einen Schock oder Herzinfarkt erleidet, bedroht oder angegriffen wird.
Was ist bei unheimlichen Begeggnungen zu tun?
Kohn rät bei unheimlichen Begegnungen (ungeachtet dessen, ob der Kontrahent nun eine Clownsmaske trage oder nicht) dazu, wegzulaufen, die Nähe zu anderen Menschen zu suchen und schnell die Polizei zu rufen. Von Pfefferspray rät er eher ab: „Das trägt nur zur Eskalation bei. Und gegen jemanden, der wirklich eine Straftat geplant hat, wird ein Normalbürger im Regelfall den Kürzeren ziehen.“ Wichtig sei aber auch, Anderen zu helfen, die in eine brenzlige Situation geraten.
Darf man auch selbst handfeste Gegenwehr leisten?
Nach deutschem Recht darf im Rahmen der Notwehr oder der Nothilfe für eine andere Person Gegenwehr geleistet werden, bis der Angriff aufhört. Doch die Grenze zur Selbstjustiz ist fließend und „die Anforderungen an Notwehr sehr hoch“, so Kohn.
Warum sollte man zurzeit davon absehen, eine Clownsmaske zu tragen?
Polizeisprecher Kohn rät zu Besonnenheit – und Liebhabern gruseliger Streiche vom Clownskostüm ab. Sie brächten auch sich selbst in Gefahr. Am Montag wurde in Berlin ein 16-Jähriger, der im Clownskostüm Bekannte erschrecken wollte, niedergestochen. Auch in der Region Stuttgart reagieren manche Menschen panisch: „Es gehen bei uns sogar Anrufe ein, ob man Gruselclowns erschießen dürfe.“ Was übrigens nicht der Fall sei.
Woher kommt die Angst vor Clowns?
Sogar freundlich gesinnte Clowns können bei Kindern und Erwachsenen Unbehagen und Furcht auslösen. Ein japanischer Forscher bezeichnet dieses Phänomen als „Uncanny-Valley-Effect“ („Unheimliches-Tal-Effekt“): Er fand heraus, dass künstliche Figuren, die zwar menschlich aussehen, sich aber in Aussehen, Verhalten oder Bewegungen geringfügig von normalen Menschen unterscheiden, Ablehnung hervorrufen können. Das trifft auf menschenähnliche Roboter zu – aber eben auch auf Clowns, die ihre Mimik und ihr wahres Gesicht durch ihre ewig lachende Maskerade verdecken. Sogar eine sehr seltene krankhafte Panik vor Clowns namens Coulrophobie ist von der Weltgesundheitsorganisation WHO offiziell anerkannt.
In der Horrorkultur wird der Spaßmacher, der Kinder zum Lachen bringen soll, seit den 1980er-Jahren ins Gegenteil verkehrt – die bekanntesten Beispiele sind wohl die Figur „Pennywise“ aus Stephen Kings „Es“ und der Schurke „Joker“ aus den Batman-Comics und -Filmen. Über das Internet haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder Videos verbreitet, in denen Menschen mit Clownsmaske Passanten in Panik versetzen.