Seehofer holt sich beim CSU-Vorstand „einhellige Zustimmung“, sowohl den Parteivorsitz als auch das Ministerpräsidentenamt in Bayern weiter zu besetzen. Und eine zeitliche Begrenzung lehnt der 67-Jährige ab.

München - Horst Seehofer macht weiter; einer wie er geht nicht in Pension. Na gut, vor fünf Jahren, gibt er zu, da habe er den Ruhestand durchaus geplant: „Mit Volldampf bis 2018 und dann Schluss.“ Aber jetzt habe sich die Welt „fundamental geändert“, sagt der 67-Jährige. In „Kriminalität, Zuwanderung und Terror“ sieht er „völlig neue Herausforderungen“. Außerdem habe sich die Parteienlandschaft in Deutschland so verändert, wie es 2013 „keiner vorhergesehen hat“. Da kann Seehofer nicht gehen. Und was, fragen sie ihn nach der großen Verkündung vor der Presse an diesem Montag, was ist mit dem Generationswechsel, was ist mit den Jungen? Ja ja, antwortet Seehofer: „Wir verfügen über viele junge Frauen und Männer, auf deren Schultern das Land ruhen kann. Eines Tages.“ Bis auf Weiteres also nicht. „Die Bevölkerung fragt nicht, welche Posten verteilt werden. Sie fragt, wer das kann.“

 

Der Rivale verspricht Unterstützung

Da bleibt Seehofer, so sieht er das, in seiner Partei als einziger übrig. Als einziger, der sich im Herbst noch einmal um den Posten des CSU-Chefs und 2018 um den des bayerischen Ministerpräsidenten bewerben soll und will. Seine Bereitschaft für die Doppelaufgabe hat er an diesem Montag dem Parteivorstand mitgeteilt; das Gremium habe einhellig zugestimmt, berichtet Seehofer. Nun ist „einhellig“ immer ein bisschen weniger als „einstimmig“, aber dass es Applaus gegeben habe, berichten auch andere Teilnehmer an der vierstündigen Personalsitzung, und sogar Hauptrivale Markus Söder, der 50-jährige Landesfinanzminister, der Seehofer als Ministerpräsident so gerne beerben möchte, er spricht von einer „klar erwartbaren, logischen Entscheidung“. Und: „Meine ehrliche Unterstützung ist da. Geschlossenheit ist Voraussetzung für den politischen Erfolg.“

Wenn man so will, dann musste Seehofer für die Zustimmung des Parteivorstandes auch einen Preis zahlen. Jedenfalls hat er einen Fehler offen zugegeben und versprochen, ihn nie mehr zu machen: Die Ankündigung von 2013, nur noch die eine Legislaturperiode regieren zu wollen, bis 2018 eben, die habe „nicht zu den klügsten Aussagen meiner politischen Karriere“ gehört, die habe „nur Unruhe geschaffen“, und ohne diese Ankündigung „hätten wir diese ganze Nachfolgediskussion nicht“.

Innenminister Herrmann führt CSU-Liste

Es verrät viel über das Selbstbild des 67-Jährigen, wenn er eine Nachfolgediskussion prinzipiell für unnötig erachtet. Aber da „man auch in meinem Alter noch lernt“, folgert Seehofer, dass er von jetzt an jegliche Selbstbefristung am besten bleiben lässt. Er fühle sich „ausreichend fit, auch im Kopf“, versichert er.

Immerhin erwartet sich Seehofer künftig Entlastung in Berlin: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (60) soll die CSU-Liste für die Bundestagswahl anführen und dann, wenn die Wähler mitspielen, als Bundesinnenminister in die Hauptstadt wechseln. Ein „Alphatier“ müsse in der Bundesregierung sitzen, um Bayerns Interessen bestmöglich zu vertreten, hat Seehofer früher mal gesagt – und sich bisher selbst in der Pflicht gesehen „rhythmisch zwei, drei Tage pro Woche in Berlin zu sein“. Woraus folgt, dass er unter den CSU-Abgeordneten und auch unter den Regierungsmitgliedern aus den Reihen der CSU bisher keinen sieht, den er für stark genug, für so so stark wie sich selbst hält.

Und hat Seehofer – um den deklarierten Berlin-Muffel Söder auszubremsen – vor ein paar Monaten noch gesagt, der nächste Parteichef müsse in Berlin sitzen, der höheren Durchsetzungskraft wegen, so gilt dieses Diktum nicht, „so lange Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt in meiner Hand vereint sind“. Seine Biographie zeige, dass er das auch von München aus leisten könne. Auch hier wieder: Außer ihm kann das keiner.

„Und jetzt in die Schlacht!“

Diejenigen, die nach der Sitzung des Parteivorstandes etwas sagen, loben Seehofer. Als „exzellenten Ministerpräsidenten“ beispielsweise, wie es Manfred Weber tut, der Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament, oder als „stärkstes Kaliber und Zugpferd der CSU“, wie es Edmund Stoiber tut, der nach vereintem Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt (bis 2007) hinter den Kulissen immer noch ein sehr rühriger und mächtiger Ehrenvorsitzender ist.

Und Joachim Herrmann lächelt. Die ganze Pressekonferenz am Montag hindurch steht er lächelnd am Pult neben Seehofer. 2011 wollte ihn dieser schon einmal nach Berlin schicken als CSU-Nachfolger für Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, dem eine nicht ganz eigenständig erstellte Doktorarbeit zum Verhängnis geworden war. Damals winkte Herrmann ab, aus familiären Gründen. Jetzt sind die Kinder groß genug; jetzt geht’s. Und jetzt erst, sagt Herrmann, habe er nach fast zehnjährigem Ministeramt in Bayern auch hinreichend viel Erfahrung für das Innenministerium in Berlin.

„Balu der Bär“ nennen sie ihn, das gilt als Anspielung auf seine Figur und sein ruhiges, besonnenes Auftreten. Herrmann ist laut Seehofer „das Gesicht der CSU“ für deren Kernkompetenz: für Sicherheit und Zuwanderung. „In ihm, da brennt’s“, lobt Seehofer. Herrmann sagt, bei diesen Themen habe „die Bevölkerung große Erwartungen an die CSU.“ Und jetzt schließt er seinen knappen Beitrag ebenso knapp: „Jetzt ziehen wir in die Schlacht.“