Ilse Aigner hat noch kein Energiekonzept, möchte aber reden und hat deshalb eine Regierungserklärung abgegeben. Reden möchte auch der neu gegründete „Konservative Aufbruch“ in der CSU. Doch das behagt dem CDU-Chef Horst Seehofer noch weniger.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Anfang der Woche hatte die Bayerische Landtagspresse ein Hintergrundgespräch mit der Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, und als man da wieder rausging, war man eher erleichtert, dass der Inhalt von Hintergrundgesprächen für die Öffentlichkeit ein bisschen tabu ist. Was nämlich hätte man schreiben sollen über Ilse Aigner: dass sie nach wie vor eine superpatente, lernwillige, fleißige, sympathische Politikerin ist, die sich immer noch ziert, das Macho-/Machiavellistentum der innerparteilichen Konkurrenz zu kopieren? Kann gut sein, dass sie das noch bitter wird bezahlen müssen.

 

Auf der anderen Seite saß da eine Frau, die als gelernte Elektroingenieurin zwar viele Fallstudien und Details hinsichtlich der Energiewende im Kopf hatte, von einem Konzept jedoch immer noch weit entfernt war. Sowas, sagte Ilse Aigner, um jetzt doch einmal kurz inhaltlich zu werden, könne man dann ja vielleicht am besten auch einfach zugeben – und sah dafür die Regierungserklärung in Sachen Energie vor dem Bayerischen Landtag als günstige Gelegenheit an.

Der eigentliche Problemfall ist Horst Seehofer

Nach ihrer Rede nun wird sie diese Handhabung wohl bereut haben, jedenfalls war es ein Leichtes für die Opposition, kurz mal aufzuzeigen, wie sehr die Wirtschaftsministerin ihrem eigenen Zeitplan hinterher hinkt. Fürs Frühjahr nämlich war bereits Definitives aus ihrem Ministerium zur Energiewende in Aussicht gestellt worden, doch gilt jetzt wieder das Prinzip „Warten“. Und das Prinzip „Energiedialog“: Geredet werde mit Kommunen, Verbänden, Wissenschaft und Wirtschaft, so Aigner. Und es werde die Wende bestimmt „nicht hundertprozentig ökologisch, aber auch nicht hundertprozentig kostengünstig“ sein. Aber natürlich sei man vom Bund abhängig, was stimmt. Freilich stimmt auch, was die energiepolitische Sprecherin der SPD, Natascha Kohnen, Aigner und der CSU vorwarf: nur wenn es nicht klappe, frage die CSU nach Berlin, wo man auch noch mitregiere. Ansonsten liege zum Beispiel die Windenergie brach, weil Horst Seehofer den angestrebten Zehn-Prozent-Anteil mit der „10-H-Abstandsregelung“, die den Abstand zwischen den einzelnen Windrädern markiert, zunichte gemacht habe.

Seehofer, mit seinem häufig gedankenlosen Hü und Hott in der Sache, speziell bei der Energiewende, ist der eigentliche Problemfall in Bayern, wo 2015 die Kraftwerke in Gundremmingen und Grafenrheinfeld abgeschaltet werden. Danach sollen bis 2025 Gaskraftwerke teils die Versorgung übernehmen, wobei das Gas aus Russland käme, was den Plan nicht sicherer macht. Seehofer hält trotzdem daran fest, sich viele Vagheiten anstatt klarer Struktur zu gestatten. Er nennt diese Vorgehensweise gerne „offenen innerparteilichen Dialog“. Findet der allerdings wirklich statt, ist der Parteichef und Ministerpräsident nicht derart begeistert, wie man erwarten sollte.

Erinnerungen an die guten alten Zeiten mit Strauß

Ein Treffen einer neuen CSU-Initiative namens „Konservativer Aufbruch“ in Rott am Inn (wo Franz Josef Strauß begraben liegt) wurde jedenfalls im Vorfeld von der Parteispitze schon mal schlecht beleumundet. Dem Hauptredner des Abends, Thomas Goppel, CSU-Generalsekretär unter Edmund Stoiber, also zu 60-Prozent-Traumzeiten, versuchte Seehofer persönlich den Auftritt auszureden. Goppel sprach trotzdem und forderte eine „neue Diskussionskultur in der CSU“, die in der Tat seit vielen Jahren nötig wäre. Konsens war, dass der „Konservative Aufbruch“ im Großen und Ganzen keine Flucht in Richtung des AfD plant, sondern zufrieden wäre, wenn das Parteiprogramm der CSU öfter zur Orientierung herangezogen würde.

Umgekehrt interessieren bekanntermaßen interne Richtlinien den Chef Seehofer sehr wenig, wenn er gerade, nur in Absprache mit sich selber, eine jähe Kurswendung beschlossen hat. Nicht ganz zu Unrecht moniert der „Konservative Aufbruch“, dass es der Partei an Vielstimmigkeit und seriöser Auseinandersetzung mangele. Im Übrigen sei man loyal zur Partei. Dass die Gruppe im Wirtshaushinterzimmer mehr als einen Nerv getroffen hat, wurde in den Reaktionen deutlich. Während Monika Hohlmeier, von Seehofer mit viel Aufwand ins Europaparlament gebracht, absurderweise von einer „Geschmacklosigkeit“ sprach (worüber ihr Vater, selbst ein ewiger Quertreiber, herzlich gelacht hätte), waren sich ausnahmsweise der frühere Parteichef Erwin Huber und der jetzige, Horst Seehofer, einig, dass sich solche „Aufbrüche“ am besten „innerhalb der Partei“ vollziehen sollten. Die beiden hatten offenbar nicht ansatzweise verstanden, worum es der Gruppierung geht, die ja gerade beklagt, dass innerhalb der CSU zu wenig geredet werde.