Die Zahl der Covid-Patienten auf den Intensivstationen im Land steigt, das Landesgesundheitsamt meldet mehr als 200 Fälle. Steigt die Zahl weiter, könnte schon bald landesweit die Warnstufe greifen – mit stärkeren Einschränkungen. Ein Überblick.

Stuttgart - Die Zahl der Menschen, die im Südwesten wegen einer Infektion mit dem Coronavirus auf der Intensivstation behandelt werden, steigt momentan wieder an. Welche Corona-Regeln aktuell greifen und ob es wieder stärkere Einschränkungen gibt, richtet sich in Baden-Württemberg auch nach den Hospitalisierungen und nach der Auslastung der Intensivstationen. Antworten auf die wichtigsten Fragen dazu.

 

Ab wann sieht die Corona-Verordnung in Baden-Württemberg eine Warnstufe vor?

Es gilt ein dreistufiges Warnsystem – und das sieht laut dem baden-württembergischen Gesundheitsministerium eine Basis-, eine Warn- und eine Alarmstufe vor. Momentan gilt im Land noch die Basisstufe. Die Warnstufe wird laut Landesgesundheitsministerium erst dann ausgerufen, wenn die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz an fünf Werktagen in Folge den Wert von 8,0 erreicht oder überschreitet. Dieser Wert bezieht sich auf die Zahl derjenigen, die je 100 000 Menschen innerhalb von einer Woche im Zusammenhang mit einer Coronainfektion ins Krankenhaus eingewiesen wird. Vollständige Werte dafür liegen in der Regel allerdings erst zeitverzögert vor.

Die Warnstufe kann demnach auch ausgewiesen werden, wenn die Auslastung der Intensivbetten an zwei aufeinanderfolgenden Werktagen den Wert von 250 erreicht oder überschreitet. Diesem Wert nähern sich die aktuellen Zahlen nun an. Für die Alarmstufe müssen die Werte bei 12,0 (Hospitalisierungsinzidenz) beziehungsweise 390 (Intensivbetten-Auslastung) liegen.

Wie viele Covid-Patienten werden aktuell im Krankenhaus beziehungsweise auf den Intensivstationen behandelt?

Konkret lag die 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz im Landes-Schnitt laut Landesgesundheitsamt an diesem Dienstag bei 3,04 (Stand: 19.10.2021, 16 Uhr). Nach Daten des DIVI-Intensivregisters waren 203 Patientinnen und Patienten mit Covid-19 in Baden-Württemberg in intensivmedizinischer Behandlung. Mehr als die Hälfte von ihnen wird demnach invasiv beatmet. Vor einer Woche lagen noch 177 Menschen wegen einer Covid-19-Erkrankung auf den Intensivstationen im Land.

Wann wird damit gerechnet, dass die nächste Stufe erreicht ist?

Berechnungen auf der Basis eines Modells vom Institut für Infektionsprävention und Krankenhaushygiene des Universitätsklinikums Freiburg prognostizieren einen weiteren Anstieg der Zahl der belegten Intensivbetten in den kommenden Wochen: Bis Ende Oktober könnten es um die 220 Covid-Fälle in intensivmedizinischer Behandlung sein. „Die Zahlen steigen stetig an“, sagt Hajo Grundmann, Leiter des Instituts. Er rechnet damit, dass die 250er-Marke in der ersten oder zweiten Novemberwoche gerissen wird. Bisher mache das Modell ziemlich gute Vorhersagen – nur wenn neue politische Entscheidungen dazu beitragen, dass sich das Verhalten der Menschen gravierend ändere, könne das Modell das nicht vorhersehen.

Besteht aus Sicht der Kliniken Anlass zur Sorge?

„Wir haben auf den Intensivstationen mittlerweile Ermüdungs-Erscheinungen, viele Pflegekräfte sind weggegangen, Bettenzahlen mussten reduziert werden“, sagt der Freiburger Infektiologe Hajo Grundmann. Wenn die Infektionszahlen weiter steigen, das sei die Sorge auf den Intensivstationen, könnte sich diese Situation noch verschärfen. Grundmann geht davon aus, dass sich die Ansteckungen mit dem Coronavirus in der kalten Jahreszeit nun weiter erhöhen werden. „Wenn dann wegen zunehmender Normalität im Alltag auch noch die alljährliche Grippewelle wieder hinzukäme, haben die Kliniken wirklich Grund zur Sorge.“

Was konkret bedeutet die Warnstufe im Vergleich zur Basisstufe?

In der Basisstufe gelten für private Zusammenkünfte oder Veranstaltungen laut dem Landesgesundheitsministerium keine Regelungen oder Beschränkungen – egal, ob darunter Ungeimpfte sind oder nicht. In der Warnstufe kann sich ein Haushalt mit fünf weiteren Personen treffen, in der Alarmstufe nur noch mit einer weiteren Person. Geimpfte, Genesene, Unter-17-Jährige oder Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, werden aber nicht mitgezählt.

Für öffentliche Veranstaltungen wie Konzerte, für den Besuch von Kultureinrichtungen wie Museen oder Bibliotheken, für Messen und Kongresse, für Sport, außerschulische Bildungsangebote, Schifffahrten oder für Freizeiteinrichtungen wie Schwimmbäder gilt in der Basisstufe ebenso wie in der Warnstufe in Innenräumen die 3-G-Regelung: Geimpfte, Genesene oder Getestete haben Eintritt. In der Warnstufe werden dann allerdings keine Schnelltests mehr akzeptiert, sondern lediglich noch PCR-Tests – es sei denn, eine Veranstaltung findet komplett im Freien statt, dann zählen auch Schnelltests. Greift die Alarmstufe, gilt die 2-G-Regelung – also nur Geimpfte oder Genesene können teilnehmen. Nur Landesbibliotheken und Archive können dann auch nach einem PCR-Test besucht werden.

Was gilt dann für Restaurants, Kneipen und Geschäfte?

Ähnliche Regeln wie für öffentliche Veranstaltungen gelten für die Gastronomie, auch für Imbisse, Spielhallen und Kantinen. Sobald die Alarmstufe greift, geht es für ungeimpfte Personen im Freien allerdings weiterhin auch mit einem PCR-Test.

Während für körpernahe Dienstleistungen wie Friseurbesuche in der Basis- und Warnstufe 3-G greift, kann man sich dafür in der Alarmstufe ebenfalls nur mit PCR-Tests freitesten. Im Einzelhandel gilt die 3-G-Regelung erst ab der Alarmstufe. Für den Disko-Besuch gilt schon jetzt die 3-G-Regelung nur mit PCR-Tests, ab der Alarmstufe gilt hier nur noch 2-G. Auch für Prostitutionsstätten gilt ab der Alarmstufe 2-G.

Wie entwickelt sich die Corona-Lage in Baden-Württemberg sonst?

Laut dem Landesgesundheitsamt sind im Südwesten aktuell schätzungsweise rund 23 000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Die landesweite 7-Tage-Inzidenz liegt bei 103 (Stand: 19.10., 16 Uhr). Am Dienstag wurden dem Landesgesundheitsamt 14 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus gemeldet.